
Israelische Regierung beschließt: „Vorerst keine staatliche Untersuchungskommission zum Massaker vom 7. Oktober“
JERUSALEM, 06.05.2025 (NH) – Die israelische Regierung hat am Montag bekanntgegeben, sie werde vorerst keine staatliche Untersuchungskommission zum Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 einrichten. Dieser brisanten Entscheidung ging die Ankündigung des Kabinetts voraus, die Bodenoffensive im Gazastreifen auszuweiten. „Wir haben jetzt keine Zeit für eine Untersuchung.“
Öffentliche Sonderuntersuchung statt staatlicher Kommission
Am frühen Morgen schickte Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara einen Brief an die Regierung, in dem sie eine sofortige Diskussion über eine staatliche Untersuchungskommission zu den Ereignissen vom 7. Oktober forderte. „Das Versäumnis der Regierung, eine Entscheidung über die staatliche Untersuchungskommission zu treffen, schadet der Wahrheitsfindung“, so Baharav-Miara.
Dennoch beschlossen die Minister, die Einsetzung einer Untersuchungskommission auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Regierungssprecher erklärten, im Schatten einer Intensivierung der Bodenoffensive und der Kämpfe in Gaza sei es nicht der richtige Zeitpunkt, eine spezielle staatliche Untersuchungskommission einzurichten. Die Minister einigten sich darauf, der Oberste Gerichtshof werde in 90 Tagen über das Thema informiert.
Die Regierung wird einen Gesetzesentwurf zur Einrichtung einer „besonderen Untersuchungskommission“ vorlegen, die „die verschiedenen öffentlichen Meinungen repräsentieren und das Vertrauen der Mehrheit der Öffentlichkeit gewinnen“ soll. Nach dem Gesetz handelt es sich bei diesem Sonderuntersuchungsausschuss jedoch nicht um einen staatlichen Untersuchungsausschuss.
Bei der Kabinettssitzung kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Regierungsmitgliedern und der Generalstaatsanwältin sowie zwischen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und dem Chef des Inlandsgeheimdienstes.

Knesset gespalten
Die israelische Knesset ist über die jüngste Entscheidung der Regierung gespalten. Minister Avi Dichter erklärte: „In Kriegszeiten setzt man kein Komitee ein“. Minister Shlomo Karei wetterte sogar gegen den Obersten Gerichtshof und behauptete, „der Oberste Gerichtshof sollte untersucht werden, er ist nicht in der Position, die Untersuchung zu leiten, da der Gerichtshof Israels Abschreckungskraft immens geschadet hat“.
Oppositionsführer Yair Lapid hingegen forderte eine sofortige Aufarbeitung des Fiaskos vom 7. Oktober: „Wenn wir nicht untersuchen, was zu der Katastrophe geführt hat, werden wir nicht in der Lage sein, daraus zu lernen und sicherzustellen, dass sich so etwas nicht wiederholt.“ Der Vorsitzende des Nationalen Lagers, Benny Gantz, unterstützte Lapids Worte: „Die Regierung hat Recht, dies ist nicht der richtige Zeitpunkt, um eine staatliche Untersuchungskommission einzurichten, es ist mehr als ein Jahr her, seit ich der Regierung den Vorschlag unterbreitet habe, und jeder Moment der Verzögerung schadet der Sicherheit des Staates.“ Der Knessetabgeordnete und Vorsitzende der Partei Yisrael Beitenu, Avigdor Lieberman, erklärte, der israelische Premierminister wisse genau, warum er eine staatliche Untersuchungskommission fürchte: „Die Wahrheit wird mit oder ohne ihn ans Licht kommen“.
Titelbild: Der Kibbuz Kfar Aza gilt als eine der am stärksten von dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 betroffenen Gemeinden. 62 Menschen wurden in dem Kibbuz nahe der Grenze zum Gazastreifen ermordet, 17 als Geiseln genommen. Foto von Gili Yaari /FLash90