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Experten warnen: Auch in Israel droht eine Erdbeben-Katastrophe

JERUSALEM, 08.02.2023 (NH) – Die Zahl der Todesopfer in der Türkei und in Syrien steigt weiter. Ersten Schätzungen zufolge wird mit mehr als 20.000 Opfern gerechnet. 150.000 Türken haben das Dach über den Kopf verloren. In Syrien spricht man von 100.000 Obdachlosen. Die tödlichen Erdbeben in den Nachbarländern waren auch in Israel zu spüren. Die schrecklichen Ereignisse werfen Sicherheitsfragen auf. Wie gut ist das Land für ein schweres Erdbeben gerüstet?

Notfalltreffen in der Knesset

Premierminister Benjamin Netanjahu hat kurzfristig eine Notfallsitzung in Bezug auf die Erdbebenvorsorge im Land einberufen. Der Leiter des nationalen Sicherheitsrates, Zachi Hanegbi, und die verschiedenen zuständigen Ministerien nahmen an dem Treffen teil. Der staatliche Rechnungsprüfer Matanyahu Engelman nannte die Katastrophe in der Türkei und in Syrien, ein „grelles Warnlicht“ für die israelische Regierung und die lokalen Behörden. „Es ist eine schreckliche Katastrophe. Abgesehen von unserer Anteilnahme und Trauer müssen wir sicherstellen, dass wir auf ein solches Erdbeben vorbereitet sind“, erklärte Engelman.

Das Ministerium des Rechnungsprüfers habe im Jahr 2022 die Erdbebenvorsorge in den Gemeinden entlang des sogenannten „großen afrikanischen Grabenbruchs“ überprüft. Unmittelbare Gefahr bestehe vor allem für die Städte Beit Shean, Tiberias, Safed, Kiryat Shmona, Eilat, Migdal Haemek, Hatzor Haglilit, Afula, Rosh Pina und Katzrin. Die Ortschaften befinden sich in den Randgebieten  des Grabenbruchs und seien daher besonders anfällig für Erdbeben. Den Prüfungen zufolge existieren in Israel es mehr als 600.000 Gebäude, die den staatlichen Standard für Erdbebensicherheit nicht erfüllen. Die Wohnungen wären bei einem massiven Beben akut einsturzgefährdet. Tausende von Wohnhäusern könnten ihre Bewohner unter sich begraben.

Israels militärisches Heimatfrontkommando, das sich mit dem Zivilschutz im Land befasst, organisiert regelmäßige Katastrophensimulationen und -Übungen. Doch laut Dr. Ariel Heimann, leitender Forscher am Institut für nationale Sicherheitsstudien, ist das nicht genug: „Die Bevölkerung glaubt, dass im Falle eines Erdbebens jemand kommen wird, um Sie zu retten. Aber bei einer solchen Katastrophe haben wir einfach nicht genug Rettungsteams und Rettungskräfte“, erklärte Heimann.

Die Schäden an einem Wohnhaus in der Stadt Tiberias am See Genezareth. Ein Erdbeben hat die Region am 9. Juli 2018 erschüttert. Die meisten Gebäude sind nicht erdbebensicher. Foto: David Cohen/Flash90

Nicht „ob“ sondern „wann“

Im Laufe der Geschichte haben sich in Israel mehrere schwere Erdbeben ereignet. Geologen versichern, dass überall, wo in der Vergangenheit Erdbeben auftraten, auch in Zukunft Beben zu erwarten sind. Daher sei die Frage nicht, ob Israel ein weiteres Mal von einem Erdbeben heimgesucht werde, sondern wann. Bereits zu biblischen Zeiten wird von Erdbeben im verheißenen Land berichtet. Statistischen Berechnungen zufolge ist etwa alle hundert Jahre ein massives Beben zu erwarten. Das letzte schwerwiegende Erdbeben ereignete sich unter britischer Mandatsherrschaft im Jahr 1927. Mit einer Stärke von 6,25 auf der Richterskala forderte das damalige Beben mehr als 500 Menschenleben und zerstörte etwa 10.000 Gebäude. Zuvor wurde 1837 das „Erdbeben von Safed“ registriert. Es traf die Region Galiläa sowie Teile des Libanons und hinterließ Tausende von Toten. Die Stadt Safed wurde komplett zerstört. Tiberias wurde bei der Katastrophe schwer beschädigt.

Tama-Sarnierungsplan fehlgeschlagen

Nur Wohnhäuser, die in Israel nach dem Jahr 1980 gebaut wurden, gelten als erdbebensicher. Das gilt auch für Krankenhäuser, Schulen, Feuer- und Polizeiwachen sowie Brücken. Der mit fünf Milliarden Schekel finanzierte TAMA 38-Plan, der darauf abzielt, bestehende Gebäude gegen Erdbeben zu sichern, wird in der Peripherie nicht umgesetzt. Das Bauministerium berichtete dem staatlichen Kontrollkomitee der Knesset, dass bis August 2020 nur sieben Millionen Schekel des Tama-Plans ausgegeben wurden. Das Projekt ist für Auftraggeber in ländlichen Regionen schlicht und einfach unrentabel. Das Tama-Programm kommt daher vor allem Auftragnehmern in Zentralisrael, in Städten wie Tel Aviv, Ramat Gan oder Petah Tikva zugute.

Das nächste Erdbeben in Israel ist nur eine Frage der Zeit. Ergreift der Staat jetzt keine Vorsorge für   Erdbeben, droht dem Heiligen Land eine nationale Katastrophe.

Titelbild: Mitglieder des Heimatfrontkommandos, der Feuerwehr, der israelischen Armee und des Rettungsdienstes Magen David Adom nehmen an einer Notfallübung teil, die ein Erdbeben in der Nähe von Ashkelon simuliert. Foto: Yaniv Nadav/Flash90

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