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Nach Welle evangelikaler Empörung: Netanjahu verspricht, kein anti-christliches Gesetz zu verabschieden

JERUSALEM, 28.03.2023 (NH) Israel befindet sich weltweit in den Schlagzeilen. Die geplante Justizreform und die gewalttätigen Proteste ihrer Gegner zieren die globalen Medien. Nun hat eine weitere Kontroverse christliche Gemeinden und Kirchenführer weltweit entsetzt. Der ultraorthodoxe Knesset-Abgeordnete Mosche Gafni hatte einen Gesetzentwurf vorgelegt, der vorsieht, christliche Missionare mit Gefängnisstrafen für jede Art von Mission zu belegen. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu stellte jedoch schnell klar: “Wir werden kein Gesetz gegen die christliche Gemeinschaft fördern.”

Gafni gegen christliche Mission in Israel

Der ultraorthodoxe Knesset-Abgeordnete Mosche Gafni hat ein weiteres Mal erfolglos versucht, seine anti-missionarische Agenda gesetzlich in Israel zu verankern. Der  Vorsitzende der “Degel HaThora”-Partei, zu Deutsch “Das Banner der Thora”, verfolgte mit seinem Gesetzentwurf das Ziel, missionarische Aktivitäten in Israel mit satten Gefängnisstrafen zu ahnden. Gafni setzt sich bereits seit Jahren dafür ein, jegliche Versuche zur religiösen Bekehrung zu verbieten. Er hat seinen Anti-Missionars-Gesetzentwurf in den vergangenen 25 Jahren zu Beginn jeder neuen Knessetperiode eingebracht. Daher ist die Vorlage nicht, wie es in den Medien weitgehend dargestellt wurde, eine Idee der aktuellen rechtsgerichteten Regierung. Mit seinem neuesten Entwurf hatte der 71-Jährige der christlichen Missionsarbeit in Israel ein weiteres Mal den Kampf angesagt.

Mosche Gafnis “Missionsgesetz” zielte darauf ab, die bereits bestehenden Bestimmungen bezüglich religiöser Proselytisierung in Israels Strafgesetzbuch von 1977 zu ändern. Die gesetzlichen Richtlinien besagen, dass missionarische Aktivitäten durch materielle Vergünstigungen oder finanzielle Anreize und religiöse Bekehrung Minderjähriger ohne elterliche Zustimmung verboten sind. Des Weiteren kann Israel Touristen die Einreise verweigern, wenn sie zu Missionszwecken das Heilige Land besuchen möchten. Gafni versuchte jetzt, das bestehende Gesetz zu verschärfen und christliche Missionsaktivitäten im Staat Israel vollständig zu verbieten.

Netanjahus evangelikale Unterstützer besorgt

So soll bereits ein digitaler Missionierungsversuch als Strafbestand zählen. Nach Gafni würde die Höchststrafe für den Bekehrungsversuch eines Erwachsenen ein Jahr betragen. Die Haftstrafe für den Proselytisierungsversuch eines Minderjährigen würde von einer sechsmonatigen Haftstrafe auf zwei Jahre erhöht werden.

Der Gesetzesvorschlag sorgte vor allem bei christlichen Organisationen in den USA für große Besorgnis. Insbesondere pro-israelische Evangelikale, die als wichtige Unterstützer Netanjahus und als klare Freunde Israels gelten, sahen den Schritt als Verfolgung von Christen sowie von Juden an, die an Jesus glauben. Bekannte evangelikale Kirchenführer zeigten sich verärgert und sprachen von “einer großen Bedrohung für die Menschenrechte und die Religionsfreiheit”. Doch auch Stimmen aus dem lateinischen Patriarchat von Jerusalem wurden laut und kritisierten den Versuch, “die christliche Evangelisierung zu kriminalisieren”. Schätzungen zufolge hat die evangelikale Gemeinschaft weltweit 600 Millionen Mitglieder – 60 Millionen allein in den USA.

Premierminister nimmt Entwurf vom Tisch

Es scheint jedoch, dass das Büro des israelischen Premierministers schnell das immense politische sowie finanzielle Schadenspotenzial erkannte. Benjamin Netanjahu griff nach der globalen christlichen Kritik ein und forderte, den Gesetzesentwurf, obwohl er von einem seiner führenden Regierungsverbündeten stammt, umgehend von der Tagesordnung zu streichen. Mosche Gafni erklärte daraufhin, er habe den Gesetzentwurf als Verfahrensangelegenheit eingebracht, wie er es bereits in der Vergangenheit getan habe. Derzeit gebe es jedoch keine Pläne, ihn weiter voranzubringen. Auch Netanjahu versicherte wenig später auf Twitter in englischer und hebräischer Sprache, der Staat Israel werde keine Gesetze gegen Christen verabschieden. Tatsächlich werden ähnliche Gesetzesvorlagen seit mehr als 20 Jahren in Israels Knesset vorgeschlagen, doch sie erhielten nie auch nur die minimale Unterstützung, die nötig ist, um solch ein Gesetz voranzutreiben.

Titelbild: Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und Parteichef der “Degel HaThora”, Mosche Gafni während einer Abstimmung in der Versammlungshalle der Knesset. Netanjahu nahm Gafnis Gesetzesvorschlag schnell wieder vom Diskussionstisch. Foto: Olivier Fitoussi/Flash90

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