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Wilde Gänsegeier adoptieren Küken aus Jerusalem

JERUSALEM, 16.04.2023 (NH) – Das Heilige Land ist mit einer faszinierenden Tierwelt gesegnet. Vom Norden bis zum Süden des Landes dient Israel dank seiner vielfältigen Vegetation als Lebensraum für viele verschiedene Tierarten. Neben Klippschliefern, Fledermäusen, Füchsen und Wildschweinen, fühlen sich auch Goldschakale und Hyänen sowie mesopotamische Damhirsche und indische Stachelschweine in Israel zu Hause. Ein besonderes Augenmerk richtet die israelische Natur- und Parkbehörde auf gefährdete Tierarten. In einer grenzenüberschreitenden Operation haben Experten jetzt ein in Gefangenschaft geschlüpftes Greifvogelküken in einer Adoptions-Mission in der israelischen Wüste freigelassen.

Gänsegeier vom Aussterben bedroht

Vogelexperten und die israelische Natur- und Parkbehörde bemühten sich im Rahmen der großen Greifvogelzucht, vor allem bedrohte Vogelarten in Israel aufrechtzuerhalten. Eine dieser bedrohten Arten ist der majestätische Gänsegeier.

Im Rahmen der Zuchtbemühungen wurde vor etwa acht Jahren der katalanische Gänsegeier „E17“ mit Arkia Airlines ins Heilige Land überführt. Die mächtigen Greifvögel erreichen eine Größe von bis zu 105 cm und wiegen bis zu 11 kg. Der männliche Geier lernte in Israel schnell die Liebe seines Lebens kennen: das Geierweibchen „A28“. Die beiden begannen bereits Ende 2022 mit dem Revierbau und errichteten mithilfe von Federn und Ästen ein großes Nest direkt vor den Webcams der Organisation „Israel Raptor Nest Cam“. „A28“ legte Ende Januar ein kleines Ei. Gänsegeier legen stets nur ein Ei – sehr selten werden zwei Eier gelegt. Die Vorfreude bei der israelischen Natur- und Parkbehörde und den Mitarbeitern von Bird Life Israel war riesig. In den letzten Monaten waren die beiden Gänsegeier zwar intensiv mit der Inkubation beschäftigt, doch als nach dem errechneten Schlüpftermin keine Eierschalenrisse erkennbar waren, machte sich das Team allmählich Sorgen. Die Brutzeit der Geier beträgt normalerweise 53 bis 54 Tage.

Mit jedem weiteren Tag der verging, verloren die Spezialisten die Hoffnung auf ein Gänsegeierküken.

Walter Nesser seilt sich aus schwindelerregender Höhe ab und setzt vorsichtig den kleinen Nestling in den Gänsegeierbau. Foto: Mit freundlicher Erlaubnis von Israel Raptor Nest Cam

Operation: „Pessach-Adoption“

Am 66. Tag beschlossen die Vogelökologen innerhalb des Landes zu überprüfen, ob es ein Küken gibt, das in Gefangenschaft geschlüpft war. Die israelische Natur- und Parkbehörde war mit ihrem grandiosen Einfall erfolgreich: Es fand sich ein kleiner Nestling, der im „TAU-Garten“ der zoologischen Forschung von einem behinderten Greifvogelpaar gelegt wurde und im Inkubator des Biblischen Zoos in Jerusalem geschlüpft war. Zu Beginn plante das Ökologenteam, den frisch geschlüpften Greifvogel seinen leiblichen Eltern in Tel Aviv zurückzubringen. Da jedoch die Überlebenschancen eines Jungvogels, der in freier Wildbahn aufgezogen wird deutlich größer sind, beschloss das Team, den Piepmatz im Nest der beiden Gänsegeier zu platzieren.

In einer grenzüberschreitenden Adoptions-Mission seilte sich Walter Nesser, einer der Vogelexperten, an den Wüstenklippen hinab zum Bau der Geier. Er nahm das nicht geschlüpfte Ei heraus und ersetzte es durch den kleinen Nestling. Als nach kurzer Zeit das Geierweibchen „A28“ zum Nest zurückkehrte, bemerkte sie sofort den gefiederten Zuwachs. Nachdem das neue Familienmitglied beäugt wurde, begann die frischgebackene Vogelmama ihr Küken umgehend zu füttern. Auch Geiervater „E17“ nahm sich dem Nestling sofort an und verwöhnte den Zuwachs mit einer nahrhaften Futterration.

Die Geiermama beäugte ihr gefiedertes Findelkind und begann umgehend mit der Fütterung. Leider überlebte der kleine Nestling nicht. Foto: Mit freundlicher Erlaubnis von Israel Raptor Nest Cam

Leider blieb das erwartete Happy End aus: der kleine Geier verstarb knapp eine Woche nach seiner Adoption. Seine Eltern versuchten, ihren Nestling dennoch zu beschützen und zu füttern. Wie es genau zu der Tragödie kam, wissen die Vogelökologen nicht.

Die israelischen Bemühungen zum Schutz großer Greifvögel wird dank der Unterstützung des Projekts „Porsim Kanaf “ und der Unterstützung vieler großartiger Menschen, die sich um die Zukunft der israelischen Tierwelt sorgen, weitergehen. Die Vogelökologen Israels träumen davon, dass auch kommende Generationen den majestätischen Anblick der magischen Raubvögel genießen können.

Titelbild: Das Geierpaar adoptierte den kleinen Familienzuwachs problemlos. Foto: Mit freundlicher Erlaubnis von Israel Raptor Nest Cam

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