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Israel gedenkt und vereint sich mit den Opfern des Holocaust

JERUSALEM, 18.04.2023 (NH) – Wenn heute um genau 10:00 Uhr die zweiminütigen Sirenen die Luft des Landes zerschneiden, kommt ganz Israel zum Stillstand. Das Land vereint sich in der Trauer und in Gedenken an sechs Millionen ermordete Juden. Der diesjährige Gedenktag steht auch im Zeichen des jüdischen Widerstands während des Holocaust und des 80. Jahrestages des Warschauer Getto-Aufstandes.

Staatliche Zeremonie in Yad Vashem

Mit dem gestrigen Sonnenuntergang legte sich eine schwere Traurigkeit über das Land. Der Nationalfeiertag für die Opfer und Helden des Holocaust wurde bereits gestern Abend mit einer staatlichen Fackelzeremonie in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem eingeleitet. Sechs Holocaustüberlebende zündeten stellvertretend für sechs Millionen Opfer die Trauerlichter.

Zum ersten Mal wurde in Yad Vashem eine Kerzen-Zeremonie in Zusammenarbeit mit der Organisation „Shem veNer“ (zu deutsch „Name und Kerze“) in der „Halle des Gedenkens“ abgehalten. Jeder Besucher kann bis heute Abend eine personalisierte Kerze mit dem Namen eines Holocaust-Opfers anzuzünden. Die Gedenkstätte lud in diesem Jahr auch zum ersten Mal die breite Öffentlichkeit ein, die neue „Buch der Namen“ – Ausstellung zu besuchen: Eine groß angelegte Exposition mit den Namen von 4.800.000 Holocaust-Opfern, die Yad Vashem seit seiner Gründung im Jahr 1953 gesammelt hat. Die Namen der Ermordeten sind auf ein Meter langen Buchseiten gedruckt – die Länge des gesamten Buches beträgt acht Meter.

Marsch des Lebens

Parallel zu den Gedenkfeiern im Heiligen Land beginnt um 13:30 Uhr europäischer Zeit der 35. Marsch des Lebens in Polen. Der diesjährige Marsch wird von 42 Holocaust-Überlebenden aus Israel sowie hochrangigen Regierungsbeamten angeführt und von Tausenden Teilnehmer aus der ganzen Welt begleitet. Delegationen aus mehr als 80 Ländern werden den Opfern gedenken und ein aktives Zeichen gegen den wachsenden Antisemitismus und dessen Legalisierung setzen. Der Vorsitzende des Marsches, Dr. Rosenmann, möchte sein Augenmerk in diesem Jahr auf das jüdische Heldentum während der Judenvernichtung richten. „Jahrzehnte wurden die Juden als bloße Opfer dargestellt, die wie Schafe zur Schlachtbank gingen“, erklärt Dr. Rosenmann. „Junge Menschen in Israel und in der gesamten jüdischen Welt wissen nicht genug über die vielen Heldentaten, die von Tausenden von Juden während des Holocaust begangen wurden“, so Rosenmann.

Mehr weibliche Holocaust-Überlebende

Nach Angaben der Behörde für die „Rechte der Holocaust-Überlebenden“, die am Sonntag veröffentlicht wurden, leben heute in Israel 147.199 Zeitzeugen. 61% der Überlebenden, etwa 89.000 Menschen, sind Frauen und 39% Männer.

Unter den Holocaust-Überlebenden haben fast 20% das 90. Lebensjahr überschritten. Das Durchschnittsalter der Überlebenden liegt bei 86 Jahren. Die jüngsten Hinterbliebenen sind 76 Jahre alt. Den Daten zufolge wanderten infolge der Russischen Invasion 521 Holocaust-Überlebende aus der Ukraine in Israel ein.  63% der behördlich anerkannten Überlebenden haben europäische Wurzeln: 37% wurden in der Sowjetunion – 11% in Rumänien und 5% in Polen geboren. „Nur“ 1.952 kommen ursprünglich aus Deutschland. 37% der Überlebenden wurden in Asien und Nordafrika geboren. Die meisten Zeitzeugen leben heute in Haifa, gefolgt von Jerusalem und Tel Aviv. Das Zentrum der Organisationen der Holocaust-Überlebenden in Israel veröffentlichte letztes Jahr eine traurige Statistik. Demnach lebt etwa jeder dritte Überlebende in Armut. Viele sind von Lebensmittelspenden abhängig.

Name und Kerze

Auch Sie, liebe Leser, können eine persönliche Gedenkkerze leuchten lassen.

Die Organisation „Shem ve Ner“, (zu Deutsch „Name und Kerze“), hat es sich zum Ziel gesetzt, das Gedenken der Holocaustopfer am Leben zu erhalten. Auf ihrer Webseite haben Sie die Möglichkeit, eine digitale Kerze anzuzünden. Jede Kerze trägt den Namen eines Ermordeten, die Namen der Eltern oder Ehepartner, den Geburt- und Todesort. Gemeinsam halten wir ihr Gedenken aufrecht:

שם ונר Our 6 Million (shemvener.org.il)  (in englisch)

Titelbild: Holocaust-Überlebende und ihre Angehörige legen Blumen auf die Namen von Konzentrationslagern, die auf dem Boden der Gedenkhalle in Yad Vashem verewigt sind. Foto: Corinna Kern/Flash90

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