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Israelische Taxi-App muss nach Sammelklage 6 Millionen NIS an arabische Fahrer zahlen

JERUSALEM, 01.06.2023 (NH) – Die bekannte israelische Taxi-App „Gett Taxi“ hat eine zweijährige Gerichtsverhandlung verloren. Jetzt hat das Gericht entschieden, dass das Unternehmen seine arabischen Mitarbeiter mit 6 Millionen Schekeln, umgerechnet rund 1,5 Millionen Euro, entschädigen muss. Grund für die Sammelklage war die Option, bei einer Taxi-Bestellung einen Fahrer zu wählen, der den Schabbat einhält – oder schlichtweg einen jüdischen Fahrer und keinen arabischen. Des Weiteren muss das Taxiunternehmen diesen sogenannten „Mehadrin-Service“ umgehend einstellen.

„Mehadrin-Option“ sorgt für Furore

Die arabischen Kläger wurden von dem israelischen „Reformzentrum für Religion und Staat“ vertreten. Das Institut argumentierte, dass die Wahl eines „schabbathaltenden“ Fahrers „ein Instrument zur Diskriminierung arabischer Fahrer sei“. Weiter erklärte die Organisation, der Service habe reine „rassistische Motive und Ziele“.

Rückblick: Im Jahr 2015 führte die Taxi-App ihre sogenannten „Mehadrin-Dienste“ ein – „Mehadrin“ ist eine Umschreibung für eine hohe Stufe strenger koscherer Überwachung. Die Option ermöglicht potenziellen Fahrgästen, einen Fahrer zu wählen, der am Schabbat nicht arbeitet. Die Möglichkeit, im Voraus zu wissen, dass der bestellte Fahrer an Samstagen und jüdischen Feiertagen sein Auto nicht nutzt, sollte vor allem ultraorthodoxe Kunden ermutigen, ein Taxi über die App zu bestellen. Der orthodoxe Sektor Israels ist eine bevorzugte Zielgruppe, da die Rate der Autobesitzer in dieser Bevölkerungsschicht sehr gering ist.

Wunsch nach jüdischem Fahrer – verständlich oder verwerflich?

Im Judentum spielt die Heiligung des Schabbats eine sehr große Rolle. „Du sollst den Tag des Herrn heiligen“ ziert nicht umsonst den dritten Platz der 10 Gebote. Rund um die Einhaltung des Schabbats existieren rabbinische Gesetze, sogenannte Halachot. Am Schabbat nicht zu arbeiten ist eine der Anordnungen.

Der umstrittene App-Service sorgte jedoch landesweit für Furore. Vor allem arabische Taxifahrer, die nicht nach halachischen Anweisungen leben, fühlten sich diskriminiert. Für sie verfolgte die neue „Mehadrin-Option“ das Ziel, dass arabische Fahrer ausgesiebt werden können. Tatsächlich klagten arabische Mitarbeiter über vermehrte Fahrtstornierungen, nachdem die Kunden den Namen des Taxifahrers auf dem Bildschirm entdeckten.

Gericht beendet zweijährige Sammelklage

Im Rahmen des Gerichtsurteils muss Gett etwa 2.800 Fahrer eine Entschädigung mit Zahlungen zwischen 1.000 und 16.000 NIS (umgerechnet 250 bis 4.000 Euro) entschädigen. Die arabischen Mitarbeiter können ihre Entschädigung auf zwei Arten geltend machen: entweder über eine Befreiung von monatlichen Nutzungsgebühren oder eine Bargeld-Entschädigung.

Titelbild: Die „Mehadrin-Option“ zielte vor allem auf orthodoxe Kundschaft. Jetzt wurde der Service eingestellt. Foto: Olivier Fitoussi/Flash90

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