
Nach sieben Monaten Krieg: Hisbollah lauert noch immer an israelischer Grenze
JERUSALEM, 19.05.2024 (NH) – Mit dem Ausbruch des Krieges am 7. Oktober 2023 sind auch die Kämpfe an Israels Nordgrenze eskaliert. Die Schusswechsel zwischen der Hisbollah und der israelischen Armee haben sich im Laufe des Konflikts weiter intensiviert. So nahm die libanesische Terrororganisation auch im Laufe des Wochenendes den Norden Israels unter unaufhörlichen Beschuss. Militärberichten zufolge wurden etwa 75 Raketen, darunter mehrere Selbstmorddrohnen, vom Libanon auf israelisches Territorium abgefeuert. Zwar wurden Dutzende erfolgreich abgefangen, doch löste das Sperrfeuer auf den Golanhöhen eine Reihe von Bränden aus. Zwei Israelis wurden bei dem Bombardement verletzt. Nach dem Hisbollahbeschuss griff die israelische Luftwaffe mehrere Abschussrampen, Militärgebäude sowie weitere operative Infrastrukturen der Terrororganisation im Südlibanon an. Zwei hochrangige Hisbollah-Terroristen wurden bei den Luftangriffen getötet.
Terrorinvasion fehlgeschlagen
In den letzten Monaten versuchte die Hisbollah wiederholt, Israels militärische und hochtechnologische Fähigkeiten an der Nordgrenze zu beschädigen – teils mit Erfolg. So veröffentlicht die Organisation fast täglich Videos, die den Beschuss auf „israelische Spionageausrüstung“ dokumentieren. Armeeangaben zufolge hätten Israels Verteidigungsfähigkeiten in der Region jedoch keinen nennenswerten Schaden genommen. Im Südlibanon sieht es hingegen anders aus – bedeutende Teile der Region wurden sehr schwer beschädigt. Tausende Häuser, die Hisbollahterroristen als Versteck dienten, wurden zum Teil völlig zerstört.
Schon vor dem 7. Oktober befanden sich viele Aktivisten der „Radwan Force“, der Eiliteeinheit der Hisbollah, in Grenznähe. Die terroristische Spezialeinheit soll seit Monaten an der Grenze gelauert haben, um Israels Norden mit einem Überraschungsangriff zu infltrieren. Das Massaker der Hamas am 7. Oktober nahm der Hisbollah zwar das Überraschungsmoment, doch auch sieben Monate später scheint die Terrororganisation nicht aufzugeben. Die Radwan Force war bereits an zahlreichen Vorfällen entlang der Nordgrenze beteiligt, darunter die Entführung der israelischen Soldaten Ehud Goldwasser und Eldad Regev im Jahr 2006, die den Zweiten Libanonkrieg auslöste.
Wer ist die Radwan-Truppe?
Tausende von hochqualifizierten Kämpfern, fortschrittliche Waffen und rigoroses Training bildet die „Radwan-Truppe“ der Hisbollah. Die Einheit wurde in erster Linie für eine groß angelegte Invasion Israels gegründet. Obwohl der Überraschungsangriff der Hamas und die anhaltenden Scharmützel im Norden ihre Pläne leicht geändert haben, bleiben das Ziel und die Bedrohung unverändert.
Die Elitetruppe der Hisbollah wurde von Imad Mughniyeh gegründet, der Chef des militärischen Flügels und Stellvertreter der Organisation. 2008 wurde Mughniyeh bei einer Explosion in Damaskus getötet, was später dem Mossad und dem CIA zugeschrieben wurde. Die Tötung des Terrorchefs spornte die Einheit jedoch weiter an. So wurden die Radwan-Soldaten zum Beispiel entsandt, um das Assad-Regime im syrischen Bürgerkrieg zu unterstützen und bis heute sollen die Kämpfer in verschiedenen Gebieten Syriens im Einsatz sein und an der Seite pro-iranischer Milizen sowie der iranischen „Quds-Einheit“ operieren. Heute gehören dem Mordkommando Tausende von hochqualifizierten Kämpfern mit fortschrittlichen Waffen und brutalem Training an, die nur für eine Mission ausgebildet wurden: eine massive Invasion Israels und die Eroberung von israelischen Gemeinden in Galiläa. Israelischen Einschätzungen zufolge stellt die Hisbollah-Truppe eine klare und unmittelbare Invasionsbedrohung dar. Zwar wurden die Fähigkeiten der Organisation in den letzten Monaten beschädigt, doch würde eine diplomatische Einigung zwischen den Parteien einen drohenden Krieg schätzungsweise nur um zwei Jahre verzögern.
Titelbild: Rauch und Feuer, nachdem aus dem Libanon abgefeuerte Raketen in offenem Gebiet auf den Golanhöhen eingeschlagen sind. Foto: David Cohen/Flash90