
Die Gesichter & Geschichten hinter den Geiseln – Yosef-Haim Ohana
JERUSALEM, 09.06.2024 (NH) – Wir wollen den Geiseln in Gaza ein Gesicht geben und ihre Geschichte erzählen. Wir wollen gemeinsam unseren Alltag für ein paar Minuten anhalten und für die Heimkehr eines jeden Einzelnen beten.
„Wer auch nur ein Leben rettet, rettet die ganze Welt“ (Mischna, Sanhedrin 4:5)
Yosef-Haim Ohana (23), Kiryat Malachi
Yosef-Haim ist 23 Jahre alt und stammt ursprünglich aus Kiryat Malachi, etwa 17 Kilometer östlich der Küstenstadt Ashkelon. Der junge Mann arbeitet als Barkeeper im Aria-Restaurant in Tel Aviv und wohnt seit fast einem Jahr mit seiner Großmutter zusammen. Die alte Dame wohnt im Landeszentrum und so ist Yosef-Haim schneller bei der Arbeit. Doch der junge Mann profitiert nicht nur von einem verkürzten Arbeitsweg – auch die Beziehung zwischen Oma und Enkel hat sich vertieft.
Yosef-Haim ist der älteste von vier Brüdern. Eines seiner geliebten Geschwister verstarb vor einigen Jahren an Krebs. Yosef-Haim liebt das Fahrradfahren, Camping und Ausflüge im Heiligen Land. Er wird als hilfsbereiter, großzügiger und liebenswürdiger junger Mann beschrieben. Der 23-Jährige unterstützt seine alleinerziehende Mutter Miri Ben Ami und bezahlte sogar schon die Miete für seine Mama. Miri erzählt in den israelischen Medien von dem außerordentlich hilfsbereiten Charakter ihres Sohnes: „Er hat sich immer um seine Brüder und um mich gekümmert. Wann immer ich Hilfe brauchte, zögerte er nicht und tat es mit einem Lächeln. Er hat ein Herz aus Gold, das ist jedem bekannt“. Oft überraschte er seine Mutter mit einem kleinen Geschenk auf ihrem Kopfkissen oder einem bunten Blumenstrauß. Das wahre Ausmaß seiner Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe sollte sich am 7. Oktober beweisen.

Erste Hilfe im Inferno
Yosef-Haim Ohana feierte am 7. Oktober mit seinen Freunden auf dem Supernova-Wüstenfestival. Bei Sonnenaufgang begannen Hamas-Terroristen einen mehrgleisigen Angriff auf Israel: sie infiltrierten Armeestützpunkte, Zivilgemeinden, Städte und auch die Nova-Party in der Nähe von Re’im. Über Stunden vergewaltigten, folterten, massakrierten und entführten die palästinensischen „Freiheitskämpfer“ unschuldige Feiernde.
Als Yosef-Haim und seine Freunde während der Terrorinvasion Schüsse hörten, erkannten sie durch ihren Militärdienst sofort, dass es sich um das Geräusch von Kalaschnikows handelte und nicht um Feuer aus israelischen Militärwaffen. Yosef-Haim und seine Freunde begannen umgehend, sich um die Verletzten zu kümmern und Erste Hilfe zu leisten. Unter Lebensgefahr brachten sie dutzende junge Menschen zu den am Ort anwesenden Sanitätern und Krankenwägen. Erst dann versuchte die Truppe, selbst das Inferno zu verlassen. Auf ihrer Flucht wurden zwei der Freunde getötet: Itai Bausi, der sich dem Ende seines Militärdienstes näherte und Ben Mizrachi, ein ehemaliger Militärsanitäter, überlebten den Angriff nicht.
In einem Video, das von Partygästen aufgenommen wurde, sind Yosef-Haim und seine Freunde zu sehen, wie sie hinter einigen geparkten Autos Schutz suchen. Ein letztes Lebenszeichen von Yosef-Haim gab es, als er zur Hauptstraße rannte und die Terroristen im Hintergrund eine RPG-Rakete abfeuerten. Das Projektil traf das Auto, hinter dem sich Yosef-Haims Freund versteckte. Er überlebte den Angriff, aber verlor Yosef-Haim nach dem Beschuss aus den Augen.

Erst vermisst – dann entführt
Yosef-Haim war am Freitag, vor Beginn des heiligen Schabbats, noch in Kontakt mit seiner Mutter Miri Ben Ami. Seine Eltern sind geschieden und leben einen orthodox-religiösen Lebensstil. Das bedeutet, dass während des Schabbats weder Telefone noch Fernsehen benutzt werden. Daher erfuhren die Eltern erst nach Schabbat-Ausgang von dem blutigen Massaker im Süden des Landes. Seine Mutter befand sich über die Feiertage bei ihrem Rabbiner in der Ukraine. Nach ihrer Rückkehr fand sie langsam heraus, was an diesem besagten Schwarzen Schabbat mit ihrem Sohn geschehen war.
Yosef-Haim galt zunächst als vermisst. Erst Anfang November wurden seine Angehörigen vom israelischen Militär davon unterrichtet, dass er als Geisel in den Gazastreifen verschleppt worden war. Seine Mutter berichtet den israelischen Medien wiederholt, ihr Sohn habe „ein Herz aus Gold“. „Ich will nur meinen Sohn nach Hause bringen. Das ist mein Gebet und das ist meine Hoffnung.“
Miri wandte sich im Fernsehen an ihren Sohn: „Ich will Dir nur sagen, dass ich Dich vermisse und Dich sehr, sehr, sehr liebe. Ich bete, dass du mit Gottes Hilfe, gesund und heil wieder zurück nach Hause kommst. Ich warte auf Dich.“
Yosef-Haim, wir beten für Deine Rückkehr.

Titelbild: Yosef-Haim Ohana. Foto: privat