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Ben-Gvir-Skandal: Minister befördert Polizisten, der Blendgranaten auf Demonstranten warf und befürwortet Synagogenbau auf dem Tempelberg

JERUSALEM, 27.08.2024 (NH) – Der israelische Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, hat wieder einmal für Schlagzeilen nicht nur innerhalb der Landesgrenzen gesorgt. Anfang der Woche setzte sich der Minister nicht nur über den israelischen Generalstaatsanwalt hinweg, sondern erhitzte mit als radikal empfundenen Äußerungen auch die Gemüter der muslimischen Welt. Nachdem Ben-Gvir die Beförderung eines Polizisten gegen die Weisung der Generalstaatsanwaltschaft durchgesetzt hatte, unterstützt er nun auch den Bau einer Synagoge auf dem Tempelberg. Ministerkollegen fordern den sofortigen Rücktritt des “Hardliners”.

Minister stellt sich gegen Generalstaatsanwalt

Der israelische Polizist Meir S. wurde im Juli zusammen mit vier weiteren Polizeibeamten von der polizeilichen Ermittlungseinheit angeklagt, im März 2023 Blendgranaten auf Justizreform-Demonstranten geworfen zu haben. Dabei wurden mindestens zwei Protestler verletzt. Ben-Gvir hatte ursprünglich geplant, S. zu befördern und ihm das Kommando über eine Polizeistation im Süden Tel Avivs zu übertragen. Nachdem S. jedoch wegen fahrlässigen Umgangs mit Sprengstoff angeklagt wurde, was mit einer dreijährigen Haftstrafe geahndet werden kann, wurde die erforderliche Empfehlung des Polizeichefs bezüglich einer Beförderung nicht eingereicht. Dennoch verlieh Ben-Gvir dem beschuldigten Polizisten in der vergangenen Woche nicht nur den neuen Rang, sondern auch das neue Kommando. Die Generalstaatsanwaltschaft hat am Sonntag zwar die Beförderung annuliert, doch der Sicherheitsminister erklärte, die Entscheidung nicht anzunehmen. Knessetabgeordnete und die israelische Anwaltskammer zeigen sich äußerst besorgt über die “Putschversuche des Ben-Gvir-Regimes”.

Die Beförderung des beschuldigten Beamten. “Ein Polizist, der seine Pflicht treu erfüllt hat und dafür Schande ertragen muss, den werde ich unterstützen!”, so Ben-Gvir auf seiner Facebook-Seite. Foto: Facebook Ben-Gvir

Synagoge auf dem Tempelberg?

Doch nicht nur innerhalb der israelischen Polizei sorgte der Minister für Furore. Gestern erklärte Ben-Gvir in einem Interview, es sei seine Politik, im Gegensatz zu Premierminister Benjamin Netanjahu, jüdische Gebete auf dem Tempelberg zuzulassen. Ben-Gvir wies darauf hin, es gebe nirgendwo im Land eine Diskriminierung zwischen Juden und Muslimen und Muslime dürften sogar an der Westmauer beten. Juden hingegen ist das Beten auf der Plattform des Tempelbergs streng verboten. Der Minister erklärte, er würde eine Synagoge auf dem Tempelberg bauen, “wenn er tun könnte, was er wollte”. Das Büro des Premierministers reagierte prompt auf die heiklen Äußerungen: “Es gibt keine Änderung des Status quo auf dem Tempelberg.“

Die Äußerungen lösten auf allen Seiten des politischen Spektrums heftige Reaktionen aus. “Den Status quo auf dem Tempelberg zu untergraben, ist ein gefährlicher, unnötiger und unverantwortlicher Schritt. Ben-Gvirs Handlungen gefährden die Sicherheit des Staates Israel und sein internationales Ansehen”, erklärte Verteidigungsminister Yoav Galant. Innenminister Mosche Arbel sprach von einem “Mangel an Weisheit, der zu Blutvergießen führen kann” und forderte den Rücktritt des Ministers.

Amichai Eliyahu (rechts) unterstützt den Parteivorsitzenden und will nun Tempelberg-Touren staatlich finanzieren. Die Besuche auf der Plattform sollen noch vor den jüdischen Feiertagen beginnen. Foto: Yonatan Sindel/Flash90

Aussagen lösen internationale Kritik aus

Die Terrororganisation Hamas rief ihre Anhänger im sogenannten Westjordanland und im Landesinneren auf, “sich in der Al-Aqsa-Moschee zu mobilisieren und ihre Innenhöfe zu bewachen”. Das jordanische Außenministerium bezeichnete den Minister als “Rassisten und Extremisten” und sprach von einer “Verletzung des Völkerrechts und einer inakzeptablen Aufwiegelung”, Katar warnte, dass “solche Äußerungen die Bemühungen um ein Waffenstillstandsabkommen in Gaza beeinträchtigen könnten”.

Ben-Gvirs Partei Otzma Yehudit zeigt sich von der internationalen Kritik unbeeindruckt. Der Minister für Kulturerbe, Amichai Eliyahu, hat nun beschlossen, zwei Millionen Schekel (rund 500.000 Euro) für Führungen auf dem Tempelberg aus der Staatskasse zu finanzieren.

Titelbild: Der Minister für Nationale Sicherheit Itamar Ben Gvir bei einer Zeremonie in seinem Ministerium in Jerusalem am 25. August 2024. Foto: Yonatan Sindel/Flash90

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