Libanesische Militärquelle: „Der Krieg der Hisbollah gegen Israel ist existenziell geworden“
JERUSALEM, 15.09.2024 (NH) – Seit dem 7. Oktober und dem Ausbruch des Krieges „Eiserne Schwerter“ im Gazastreifen feuert die libanesische Terrororganisation Hisbollah täglich Dutzende Raketensalven und Drohnen auf israelische Gemeinden ab. Die Eskalation an der Nordgrenze hat mehr als 100.000 Israelis zu Flüchtlingen im eigenen Land gemacht. Israelische Politiker drohen nun mit einem massiven Gegenschlag, der auch eine mögliche Bodeninvasion einschließt. Im Libanon werden die Drohungen aus Militärkreisen eher verhalten aufgenommen. Gegenüber der libanesischen Tageszeitung Ad Diyar versichern Armeekreise nun, dass im Falle einer Bodenoffensive „die Auswirkungen auf das israelische Militär katastrophale Ausmaße annehmen“ würden. „Die Hisbollah ist kampferprobt“.
Libanon droht nach Gantz-Gallant-Rede
Benny Gantz, Vorsitzender der Partei „Nationale Sicherheit“ und ehemaliges Mitglied des israelischen Kriegsrates, hat auf dem Gipfel in Washington angekündigt, dass „es an der Zeit ist, Maßnahmen gegen die Hisbollah zu ergreifen und die Bürger Israels sicher in ihre Häuser zurückzubringen“. Auch Verteidigungsminister Yoav Gallant erklärte, der Schwerpunkt der Kämpfe verlagere sich allmählich in den Norden. Gallant betonte weiter, ein Einmarsch der Armee in den Libanon sei mehr als nur Gerede. Das gleiche Versprechen gab der Verteidigungsminister nach dem Massaker der Hamas, bevor israelische Bodentruppen in Gaza einmarschierten.
Im Libanon werden die Äußerungen israelischer Politiker offenbar aufmerksam verfolgt. Laut der libanesischen Tageszeitung Ad Diyar ist die größte Sorge im Libanon derzeit, „wie eine große Eskalation mit verheerenden Folgen zwischen dem libanesischen Widerstand und Israel vermieden werden kann“. Ad Diyar behauptet, die anfängliche Unterstützung der Hisbollah für die Palästinenser ist zu einem Krieg gegen Israel eskaliert. Die Zeitung zitiert libanesische Militärquellen, wonach die Hisbollah und Israel im Norden in eine neue Phase der Eskalation eingetreten sind. Der „libanesische Widerstand“, so die Quelle, sei sich sehr wohl bewusst, dass Israel versuchen werde, die Terrororganisation zu vernichten. Im Libanon sei man sich jedoch sicher, dass „im Falle einer Bodenoffensive, die Auswirkungen auf das israelische Militär katastrophale Ausmaße annehmen würden. Dies aufgrund der großen Erfahrung der Hisbollah im Feldkampf“.
Hisbollah „besorgt“ über militärische Aktivitäten in Judäa und Samaria
Die militärische Quelle fügte hinzu, die israelische Idee einer sogenannten „Pufferzone“ sei eine „Illusion“. „Die israelische Führung mag glauben, dass sie durch eine Militäroperation eine Pufferzone an der Grenze schaffen kann, die die Hisbollah weit genug entfernt hält, damit sie keine Bedrohung mehr für sie und ihre Siedlungen im Norden darstellt. Aber diese Wahrnehmungen überlappen sich in Phantasie, Illusionen, Fehleinschätzungen und Misserfolgen“, so die Quelle. Gegenüber Ad Diyar ging die libanesische Armeequelle auch auf die Eskalation im sogenannten Westjordanland ein: „Während der israelische Staat seinen brutalen Krieg zur Ausrottung des palästinensischen Volkes im Gazastreifen fortsetzt, verlagert sich die zionistische Tötungsmaschinerie in das besetzte Westjordanland, wo rassistische Siedler, Extremisten, Polizeikräfte und Soldaten der Besatzungsarmee daran beteiligt sind, die Palästinenser zu terrorisieren, ihr Eigentum zu zerstören und sie von ihrem Land fernzuhalten“.
Aus hochrangigen diplomatischen Kreisen im Libanon heißt es weiter, der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wolle weder einen Geiseldeal aushandeln noch den Krieg beenden: „Netanjahu wartet auf die US-Präsidentschaftswahlen und setzt auf einen Sieg Donald Trumps. Erst dann wird Netanjahu über katarische und ägyptische Vermittler ernsthafte Verhandlungen mit der Hamas aufnehmen, einen Waffenstillstand in Gaza akzeptieren und einen Geiselaustausch erreichen“.
Titelbild: Hassan Nasrallah erklärte am 7. Oktober seine Solidarität mit der Hamas in Gaza. Seitdem steht der Norden Israels unter Beschuss. Foto: Pixabay