Netanjahu: „Die Hälfte der Geiseln lebt“ – Sinwar an keinem Deal interessiert
JERUSALEM, 23.09.2024 (NH) – Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu hat am Sonntag vor dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung über die Bedingungen der noch von der Hamas festgehaltenen Geiseln gesprochen. Laut verschiedenen Quellen, die ebenfalls an der Regierungssitzung teilnahmen, teilte Netanjahu mit, die Hälfte der in Gaza festgehaltenen Geiseln sei noch am Leben.
Zu den stockenden Verhandlungen über ein Geiselabkommen sagte der Premierminister, Israel arbeite weiterhin an einem Geiseldeal. „Berichte, Israel sei die Partei, die das Abkommen sabotiert, sind falsch. Die Verzögerung kommt von der Hamas“, so Netanjahu. Den Gegnern der israelischen Regierung sind die Äußerungen des amtierenden Ministerpräsidenten jedoch egal. Die Schuld für das Scheitern der Verhandlungen wird allein Netanjahu zugeschrieben.
Sinwar für Verhandlungsblockade verantwortlich
Unterdessen erklärte John Kirby, der Nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, am Sonntag gegenüber ABC News, es habe in den vergangenen ein bis zwei Wochen keine Fortschritte bei den Waffenstillstands- und Geiselverhandlungen zwischen Israel und der Hamas gegeben. Kirby räumte jedoch ein, allein Hamas-Führer Yahya Sinwar sei für den mangelnden Fortschritt verantwortlich: „Es sieht so aus, als ob Herr Sinwar überhaupt nicht bereit ist, weiter zu verhandeln. Vor allem, nachdem er sechs Geiseln in einem Tunnel hingerichtet hat“, so der US-Sicherheitsberater. Kirby versicherte jedoch, das amerikanische Vermittlerteam arbeite weiterhin mit Katar, Ägypten und Israel zusammen, um ein Geiselabkommen zu erreichen. „Erst vor ein paar Tagen haben wir den Präsidenten sagen hören, dass Dinge unrealistisch erscheinen können, bis sie plötzlich realistisch werden.“
Seit der Ermordung der sechs israelischen Geiseln ist Hamas-Führer Sinwar untergetaucht. Es ist zwar bekannt, dass die Terrororganisation aus Sicherheitsgründen lange braucht, um Sinwars Antworten auf die Verhandlungen zu übermitteln, aber diesmal dauert es eine ungewöhnlich lange Zeit.
Sinwar will regionalen Krieg – keine Einigung
Tatsächlich scheint der Hamas-Führer die Eskalation im Norden zwischen Israel und der vom Iran finanzierten Hisbollah mit Wohlwollen zu beobachten. Offenbar versucht Sinwar, so lange es geht, einen Mehrfrontenkrieg zu provozieren, wenn nicht gar mit zu schüren. Ein Abkommen zur Freilassung der israelischen Geiseln würde auch einen Waffenstillstand und ein Ende der Kämpfe in der Enklave bedeuten. Doch solange Sinwar seine Hamas-Terroristen gegen israelische Streitkräfte kämpfen lässt und Gaza weiterhin als Hauptkriegsschauplatz fungiert, ist ihm die Unterstützung der Hisbollah sicher. Hassan Nasrallah, der Führer der libanesischen Terrororganisation, bombardiert weiterhin den Norden Israels und hindert die israelischen Bewohner der Region an ihrer Rückkehr.
Vielleicht wird Nasrallah seine Position überdenken, nachdem Israel den militärischen Druck auf die iranische Terrormiliz massiv erhöht hat. Die Hisbollah hat nicht nur Hunderte von Terroristen in ihren Reihen zu beklagen, sondern verliert auch im eigenen Land zunehmend an Rückhalt. Nasrallah könnte sich am Ende dazu entschließen, die Verluste zu begrenzen und Sinwar zu einem Waffenstillstand oder einem Geiselabkommen zu bewegen.
Titelbild: Premierminister Benjamin Netanjahu spricht während einer Pressekonferenz in Jerusalem am 2. September 2024. Foto: Chaim Goldberg/Flash90