
UNIFIL – Eine Friedenstruppe im Libanon, die keinen Frieden schafft
JERUSALEM, 17.10.2024 (TM) – Die israelische Armee hat in den vergangenen Tagen mehrfach Einrichtungen der UNFIL-Friedenstruppen im Libanon beschossen. Das hat weltweit einen Sturm der Entrüstung entfacht. Israels Regierungschef Netanjahu sprach davon, dass Hisbollah-Terroristen die Blauhelm-Soldaten als menschliche Schutzschilde missbrauchten. Militärfachleute sind der Ansicht, dass UNIFIL seine Mission nicht erfüllt.
Mehr als 10.000 Mitarbeiter
UNIFIL („United Nations Interim Force in Lebanon“) ist eine Beobachtermission der Vereinten Nationen, die seit 1978 im Einsatz ist. Die internationale Truppe umfasst mehr als 10.000 zivile und militärische Mitarbeiter aus 50 Ländern, darunter Indonesien, China, Italien, Frankreich und Deutschland. Ihre Aufgabe ist es, Grenzverletzungen zwischen dem Libanon und Israel zu verhindern.
Die UN-Resolution 1701, die 2006 den Libanonkrieg beendete, forderte die israelischen Truppen auf, den Südlibanon zu verlassen, während sich die Hisbollah nördlich des Litani-Flusses zurückziehen sollte. Das Gebiet zwischen dem Litani und der Grenze, in dem ein Großteil der Kämpfe stattgefunden hatte, sollte zu einer Pufferzone werden. Israel hielt sich an die Resolution, die Hisbollah nicht. UNIFIL sah tatenlos zu, als sich die Hisbollah im Grenzgebiet verschanzte, dort Waffen und unzählige Raketen in Wohnhäusern deponierte und unterirdische Tunnelsysteme direkt vor den Augen der UN-Beobachter grub.
UNIFIL leistet einen wichtigen Beitrag für die Menschen im Südlibanon durch Projekte in den Bereichen Stromversorgung, Gesundheitsversorgung in 15 von UNIFIL betriebenen Krankenhäusern, Bildung und Unterstützung der lokalen Wirtschaft durch die Präsenz tausender Soldaten. Aber sie erfüllt ihre Kernaufgabe nicht, nämlich dafür zu sorgen, dass die Pufferzone entmilitarisiert bleibt. Die Staaten, die jetzt Israel scharf kritisieren und auf die Einhaltung der Resolution 1701 pochen, haben dies stillschweigend hingenommen.
„Auf Hisbollah geschossen“
Mindestens fünf UNIFIL-Soldaten sind in den vergangenen Tagen leicht verletzt worden, als Israel seinen Kampf gegen die Terrorgruppe Hisbollah im Südlibanon ausweitete. Die israelische Armee (IDF) übernahm die Verantwortung für zwei separate Vorfälle, bei denen vier UN-Soldaten aus Indonesien und Sri Lanka verwundet wurden. Die IDF erklärte, sie habe in beiden Fällen auf nahe gelegene Stellungen der Hisbollah gezielt und die UNIFIL vorab gewarnt. In Bezug auf den fünften verwundeten Soldaten räumte die UN ein, dass sie die Herkunft der Schüsse nicht kenne.

UNIFIL warf der israelischen Armee vor, ihre Stellungen gezielt beschossen zu haben. Die an der Mission beteiligten Staaten verurteilten die Vorfälle einhellig und betonten das Ziel des Einsatzes, einen dauerhaften Frieden im Südlibanon zu schaffen. Der arabischsprachige IDF-Sprecher Avichay Adraee entgegnete, die Hisbollah habe im vergangenen Monat 25 Raketen und Granaten aus der Nähe von UNIFIL-Stellungen auf israelische Städte und Streitkräfte abgefeuert. Bei einem der Angriffe aus der Nähe einer UNIFIL-Stellung seien zwei IDF-Soldaten getötet worden, so Adraee.
Netanjahu: UNIFIL ist Geisel der Hisbollah
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat in einer Erklärung an UN-Generalsekretär Antonio Guterres die UNIFIL-Soldaten als „Geiseln“ der Hisbollah bezeichnet. Israel habe mehrfach den Abzug der Blauhelmtruppen gefordert und sei stets abgewiesen worden.
Das Alma Research Center ist eine privat finanzierte Organisation, die die Sicherheitsentwicklung an der Nordgrenze Israels beobachtet. Tal Beeri, Forschungsdirektor von Alma, betonte, dass die UNIFIL „nicht willens und nicht in der Lage ist, der Hisbollah entgegenzutreten“. Wenn die Hisbollah einen Raketenwerfer neben einer UNIFIL-Stellung platziere, unternehme die UNIFIL in 99,9 Prozent der Fälle nichts. „Wenn die Hisbollah die UNIFIL-Truppen bittet, ein bestimmtes Gebiet nicht zu betreten, werden sie das nicht tun. Wenn sie es dennoch ohne vorherige Absprache tun, können sie verletzt oder entführt werden“, erklärte Beeri.
UNIFIL will nicht abziehen
Der Konflikt zwischen UNIFIL und Israel geht vorerst weiter. Der französische Diplomat Jean-Pierre Lacroix. der bei den Vereinten Nationen für die Friedenssicherungseinsätze verantwortlich ist, stemmt sich gegen den von Israel geforderten Abzug der Blauhelmtruppe: „Es wurde beschlossen, dass die UNIFIL derzeit alle ihre Positionen beibehält.“
Titelbild: UNIFIL-Truppen bei einer Streifenfahrt im Südlibanon. Foto: AFP