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Kommentar: Von Hoffnung zu Verzweiflung und zurück

von Alon David

JERUSALEM, 24.02.2025 – Die Hamas-Terroristen machten am 7. Oktober 2023 ganze Kibbuzim dem Erdboden gleich, töteten Kinder vor den Augen ihrer Eltern, Eltern vor den Augen ihrer Kinder, vergewaltigten und misshandelten sie. Einige wurden an Ort und Stelle erschossen, andere erst gefoltert und dann getötet, wieder andere wurden gefangen genommen und dort auf eine Art und Weise behandelt, die jede menschliche Vorstellung übersteigt. Sie legten eine unvorstellbare Brutalität an den Tag, die in ihren Kreisen als Widerstand gefeiert wurde.Wir werden niemals alle Einzelheiten des Geschehens erfahren und selbst wenn, werden wir vielleicht nie in der Lage sein, die unvorstellbaren Gräueltaten in seiner Gänze zu begreifen.

Anderthalb Jahre später werden nun einige der Geiseln, lebend und tot, für hunderte palästinensische Terroristen freigelassen. Letzte Woche erreichte die Hamas einen erneuten Höhepunkt ihrer kaltblütigen Grausamkeit: Sie ließ zwei Familienväter frei, die nach ihrer Gefangenschaft eher wie Skelette aussahen: Yarden Bibas und Eli Sharabi. Sowohl von Yarden als auch von Eli wurde von den Terroristen das Wertvollste in ihrem Leben genommen: ihre Frauen und Kinder. Jeder von ihnen erfuhr davon erst nach seiner Freilassung. All diese anderthalb Jahre lang hat die Hamas sie von ihren Familien getrennt. In Tunneln ohne Licht, kaum Essen, Misshandlungen und Demütigungen ausgesetzt.

Am 20. Februar 2025 dann die niederschmetternde Gewissenheit: die Übergabe von Shiri Bibas, Yardens Frau, seine Kinder Ariel (4) und Kfir (9 Monate) sowie der 83-jährige Oded Lifshitz – in Särgen. Die Überführung der Leichen wurde von einer makaberen feierlichen Zeremonie in Gaza begleitet, als wäre der Tod der Geiseln nicht genug und man müsse die Toten, um völlig zufrieden zu sein, noch erniedrigen. Über Nacht identifizierten israelische Ärzte die Leichen und stellten fest, dass die Bibas‘ Kinder schon vor anderthalb Jahren von Terroristen brutal ermordet worden waren. Doch Shiris Leiche war nicht unter denen, die der Hamas übergeben wurden. An ihrer Stelle platzierten die Terroristen die Überreste einer unbekannten Person: Es gibt keine Übereinstimmungen mit einer der Geiseln. Weder das menschliche Herz noch der Verstand können diese Brutalität auf irgendeine Weise verarbeiten. Man weiss nicht, wie man verhindern kann, dass Verzweiflung und Wut in uns wüten und Überhand gewinnen und alles Menschliche und Hoffnungsvolle in jedem von uns zu erdrücken drohen. Doch ich weiß mit Sicherheit: In Zeiten, in denen weder internationale Institutionen noch der moralische Kompass der Weltgemeinschaft funktionieren und man das Gefühl hat, mit dem Schmerz seines Volkes alleine zu sein, ist das Wichtigste, was man der ungezügelten und ungestraften Grausamkeit entgegensetzen kann, der Versuch, mit aller Kraft das Menschliche in sich selbst zu bewahren.

Und so halten wir als Land zusammen, versuchen, den unsagbaren Schmerz gemeinsam zu verarbeiten und stark zu sein für die, die noch immer auf die Rückkehr ihrer Liebsten warten. Für die, die immer noch dort sind, und für die, die das Grauen überlebt haben, müssen wir weiter stark bleiben und nicht aufgeben. Und die Hoffnung und den Glauben an das Gute in uns immer wieder von neuem suchen und aufrecht erhalten, auch wenn es einem jedem Israeli in dieser grausamen Zeit alles abverlangt.

Titelbild: Israelis gedenken der ermordeten Geiseln Oded Lifzhitz, Shiri Bibas und ihre Kinder Ariel und Kfir. Foto: Dor Pazuelo/Flash90

Der Autor ist freier Journalist aus Israel und lebt unmittelbar an der Grenze zum Libanon.

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