
Urteil im salomonischen Kindschaftsstreit um Baby Sophia: Die Zweijährige bleibt in der Obhut der Eltern, die sie geboren und aufgezogen haben
JERUSALEM, 12.05.2025 (NH) – Nach einem bedeutenden und aufwühlenden Rechtsstreit hat der Oberste Gerichtshof in einem Präzedenzfall entschieden, dass die kleine Sophia in der Obhut ihrer Erziehungsberechtigten bleibt und nicht an ihre leiblichen Eltern übergeben wird. Im November vergangenen Jahres hatte das Familiengericht in Rishon leZion angeordnet, die Zweijährige in die Obhut ihrer leiblichen Eltern zu geben. Dagegen hatten die derzeitigen Betreuer des Kindes Berufung eingelegt. Die kleine Sophia ist das dramatische Ergebnis eines Fehlers im Assuta Medical Center, wo einer Frau, die sich einer Fruchtbarkeitsbehandlung unterzog, der falsche Embryo eingesetzt wurde.
Salomonisches Urteil 2025
Der historische Embryo-Fall begann im September 2022, als eine hochschwangere Frau, die sich im Assuta-Krankenhaus in Rishon LeZion einer künstlichen Befruchtung unterzogen hatte, nach einem Gentest feststellte, dass der Embryo, den sie in sich trug, weder mit ihr noch mit ihrem Mann genetisch verwandt war. Das israelische Gesundheitsministerium beschloss daraufhin, eine Untersuchungskommission einzusetzen. Das Mädchen wurde am 26. Oktober 2022 geboren, und trotz des Wunsches der nicht leiblichen Mutter, das Kind aufzuziehen, setzte das Ministerium die Suche nach den leiblichen Eltern fort, die schließlich gefunden wurden. Der Fall entwickelte sich schnell zu einem komplexen Rechtsstreit um das kleine Baby.
Doch das Drama um Sophias Sorgerecht hat nun ein Ende. In einem richtungsweisenden Urteil entschied der Oberste Gerichtshof gestern, dass die Zweieinhalbjährige in der Obhut ihrer Erziehungsberechtigten bleibt – der nicht-biologischen Mutter, die sie geboren und aufgezogen hat. Das Gericht ordnete jedoch an, dass der genetische Vater des Kindes als nicht-sorgeberechtigter Vater eingetragen wird.
Physiologische Beziehung überwiegt genetische Verwandschaft
Die israelische Richterin Yael Willner, die von den Richtern Ofer Grosskopf, Yehiel Kasher, Alex Stein und Dafna Barak-Erez unterstützt wurde, erklärte, dass „beide Elternpaare eine lange und schmerzhafte Reise hinter sich haben, um ein Kind zu bekommen. Beide hätten eine elterliche Beziehung zu der Minderjährigen und beide Parteien seien in der Lage, das Mädchen großzuziehen und für alle ihre Bedürfnisse zu sorgen“. Im Falle einer „Konkurrenz“ zwischen den genetischen Eltern und den physiologischen Erziehungsberechtigten (Schwangerschaft und Geburt) überwiege jedoch die mütterliche Vorherrschaft. Das Urteil wurde mit einer Mehrheit von 4 von 5 Richtern gefällt. Der Oberste Gerichtshof entschied sich für eine Regelung, die dennoch eine gewisse Verbindung zwischen Sophia und ihren leiblichen Eltern gewährleistet.
Bei der Urteilsfindung verwies Richterin Willner auf eine Analogie zu Abschnitt 13(c) des Leihmutterschaftsgesetzes, der besagt, dass in bestimmten Fällen die austragende Mutter den genetischen Eltern vorzuziehen sei. Das israelische Recht bietet jedoch keine direkte Lösung für den komplexen Fall der Embryonenverwechslung.
Ähnliche Fälle werden in naher Zukunft erwartet
Das Gerichtskomitee erklärte, das Gutachten des israelischen Jugendamtes habe unterstrichen, die kleine Sophia habe mit schwerwiegenden entwicklungsbedingten und medizinischen Schwierigkeiten zu kämpfen. Das Mädchen habe eine „starke und sichere Bindung zu ihren Erziehungsberechtigten“. Da eine Trennung von der nicht-leiblichen Mutter zu erheblichen Schäden führen könne, stehe das Kindeswohl im Vordergrund und es entspreche dem Urteil, das Kind in seiner gewohnten und bekannten Umgebung zu belassen.
Am Rande der Urteilsverkündung forderten die Richter nicht nur, die Lehren aus der fatalen Embryo-Affäre zu ziehen, sondern auch den Gesetzgeber auf, die komplexe Materie gesetzlich zu regeln. Der Fall „Baby Sophia“ ist zwar ein Präzedenzfall, aber es ist zu erwarten, dass es in Zukunft ähnliche Fälle geben wird.
Titelbild: Nach einem langen und zähen Rechtsstreit: Baby Sophia bleibt bei den Eltern, die sie geboren und aufgezogen haben. Foto: Shir Torem/Flash90