
Von der Nachbarschaft ins Kalifat – Wenn der Terror aus der eigenen Stadt kommt
Von Alon David
JERUSALEM, 15.05.2025 (TM) – Die Welt hat die Augen auf die Fronten des Nahen Ostens gerichtet, auf die Straßen von Gaza und die Ruinen von Syrien. Doch manchmal lauert die Gefahr viel näher – in den stillen Vororten, in den scheinbar friedlichen Dörfern. Diese Woche wurde in Kfar Saba Anklage gegen Adam Zarzur, 29 Jahre alt, aus Kafr Qassem erhoben. Ein Israeli, kein Fremder, angeklagt wegen Mitgliedschaft in einer der brutalsten Terrororganisationen der Welt: dem Islamischen Staat (IS). Gleichzeitig rollt Deutschland den Teppich für seine eigenen Dschihadisten aus – und holt sie zurück ins Land.
Ein Israeli bei ISIS – wie kann das sein?
Zarzur ist kein klassischer Dschihadist, kein gesichtsloser Kämpfer in den Wüsten Syriens oder den Bergen Afghanistans. Er ist ein Bürger des Staates Israel. Vor etwa zehn Jahren begann er, Propagandavideos der Terrororganisation zu konsumieren – auf Facebook, YouTube und anderen dunklen Ecken des Internets. Wie viele westliche Rekruten wurde er nicht durch die Fronten geschliffen, sondern durch den digitalen Dschihad verführt. Die Bilder, die Versprechen von Macht, Gemeinschaft und Märtyrertum – sie reichten aus, um einen israelischen Staatsbürger auf den Weg in den Terror zu führen. Im Verlauf dieser Jahre reifte in Zarzur die Überzeugung, dass sein Platz nicht in den belebten Straßen von Kafr Qassem, sondern im Schlachtgetümmel der Kalifatskrieger liegt. Er reiste in die Türkei, versuchte die Grenze zu Syrien zu überwinden – scheiterte jedoch. Eine Grenze zu überwinden, die ihm nicht nur den Weg in den bewaffneten Kampf, sondern auch die endgültige Loyalität zu einem Feind Israels eröffnet hätte.
Von Deutschland nach Syrien
Deutschland kämpft ebenfalls mit seinen eigenen verlorenen Söhnen und Töchtern, die den Weg in den Dschihad gewählt haben. Erst kürzlich wurde eine deutsche IS-Anhängerin mit ihren vier Kindern aus Syrien zurückgeholt und in München verhaftet. Auch hier die gleiche Ideologie, die gleiche Zerstörung, die gleiche Gefahr.
Der digitale Schwur – und die Konsequenzen
Doch Zarzur gab nicht auf. Stattdessen leistete er online seinen Treueschwur – die digitale Handerhebung, die ihn zum „Bruder“ der Mörder von Paris, Manchester und Raqqa machte. Er verbreitete dutzende brutale Videos über WhatsApp, rief zur Gewalt gegen seine eigenen Landsleute auf. Inmitten des jüngsten Krieges – der Operation „Schwerter des Eisens“ – befeuerte er die ideologische Flamme weiter.
Der Feind im eigenen Haus
Während die deutsche Justiz damit kämpft, Rückkehrer zu kontrollieren, zeigt der Fall Zarzur, dass die Bedrohung nicht nur aus dem Ausland kommt. Manchmal wächst der Terror im eigenen Land, genährt von der Propaganda des digitalen Kalifats. Ein Bürger Israels, der seine eigenen Nachbarn als Feinde sieht – das ist die stille, gefährliche Revolution, die oft übersehen wird.
Wir müssen hinschauen. Wir müssen wachsam bleiben. Denn manchmal ist der Feind nicht an der Grenze, sondern nur einen Mausklick entfernt.
Der Autor ist freier Journalist, wuchs in Deutschland auf und lebt im Norden Israels.
Titelbild: Grafitti, das ein Hamas- und ein IS-Mitglied beim Küssen zeigt, im Süden von Tel Aviv. Foto: Miriam Alster/Flash90