Grabeskirche bleibt aus Protest geschlossen
UPDATE 27.02.2018:
Die Jerusalemer Stadtverwaltung hat die umstrittene Besteuerung von christlichen Kirchengrundstücken in Jerusalem vorerst auf Eis gelegt. In einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung heißt es, ein eigens dafür berufenes Regierungskommitee solle den Sachverhalt nun prüfen und Lösungsvorschläge erarbeiten. Die israelische Regierung hat zudem den Gesetzesvorschlag gestoppt, der die kirchlichen Grundstücks-Spekulationen einschränken soll. Daraufhin wurde die Grabeskirche am Mittwoch wieder geöffnet. In einer Erklärung des Büros von Ministerpräsident Netanjahu heißt es dazu: „Israel ist stolz darauf, das einzige Land zu sein, in dem Christen und Andersgläubige volle Religionsfreiheit genießen.“
JERUSALEM, 25.02.2018 (TM) – Der Steuerstreit zwischen den christlichen Kirchen und der Jerusalemer Stadtverwaltung ist am Sonntag eskaliert. Touristen, die die Grabeskirche besuchen wollen, stehen vor verschlossenen Türen. Die verantwortlichen Kirchenleiter halten eines der wichtigsten Touristenziele im Heiligen Land vorläufig geschlossen, weil sie neuerdings für ihre Grundstücke Grundsteuer („Arnona“) bezahlen sollen. Es geht um Forderungen in Höhe von mehreren Millionen Schekel.
In einer gemeinsamen Erklärung des griechisch-orthodoxen Patriarchen, der Kustodie des Heiligen Landes (katholischer Franziskanerorden) und der Armenischen Kirche heißt es: „Wir beobachten mit großer Sorge die systematische Kampagne gegen die Kirchen und die christliche Gemeinschaft im Heiligen Land, durch eine ungeheuerliche Verletzung des Status Quo.“ Gemeinsame Erklärungen der Kirchenführer sind sehr selten, weil sie immer wieder heftig über die Nutzung der Grabeskirche streiten. Deren Schlüssel werden deshalb von einer „neutralen“ muslimischen Familie verwahrt.
„Historische Privilegien eingeschränkt“
Die Kirchen argumentieren, ihre historischen Rechte und Privilegien würden durch die Steuerforderung eingeschränkt. Sie sehen in der Forderung einen Versuch, die christliche Präsenz in Jerusalem zu schwächen. In ihrer Wortwahl sind die Kirchenführer nicht zimperlich: Die neuen Vorschriften „erinnern uns an ähnliche Gesetze gegen die Juden während der dunklen Periode in Europa.“ Die Gesetzesänderung schade vor allem Armen und Alten, um die sich die Kirchen besonders kümmerten. Aus Protest hatten die Kirchenführer bereits vor wenigen Tagen das jährliche Treffen mit Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat abgesagt. Zudem baten sie im Ausland um Hilfe, unter anderem beim Papst, beim russischen Präsidenten Putin, beim König von Jordanien und beim Erzbischof von Canterbury.
Kirchengebäude bleiben steuerfrei
Aus Sicht der Jerusalemer Stadtverwaltung geht es nicht um Religion, sondern um Gleichbehandlung aller Bürger. Mit Unterstützung der Regierung wurden Steuerbescheide für 887 Grundstücke erstellt, die christlichen Kirchen und Einrichtungen der Vereinten Nationen gehören. Die Gesamtsumme an unbezahlten Steuern beläuft sich insgesamt auf 650 Millionen Schekel (rund 155 Millionen Euro). Die christlichen Kirchen sind die größten Landbesitzer in Jerusalem.
Von den Forderungen ausgenommen sind nur die eigentlichen Gebetsstätten, also die Kirchengebäude. Aber alle anderen Nutzungen, wie Gästehäuser, Läden oder Reiseunternehmen, sind nun steuerpflichtig. Außerdem diskutiert das israelische Parlament derzeit ein Gesetz, das die Spekulation mit Kirchengrundstücken stoppen soll. Der Staat Israel könnte demnach alle Grundstücke konfiszieren, die die Kirchen seit 2010 an private Investoren verkauft haben, wenn diese dafür entschädigt werden.
Die Grabeskirche (Bild) wird vor allem von katholischen und orthodoxen Christen als jener Ort verehrt, an dem Jesus beerdigt wurde und an dem er auferstanden ist. Wissenschaftler sind der Ansicht, dass die Ortsangabe mit großer Wahrscheinlichkeit zutrifft. Rund 90 Prozent der christlichen Pilger in Israel besuchen die Kirche in der Jerusalemer Altstadt.
Foto: Yaakov Lederman / Flash 90
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