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Purim, der jüdische Karneval

von Johannes Gerloff

JERUSALEM, 28.02.2018 – Am Vorabend des 14. Adar – in diesem Jahr ist das der Abend des 28. Februar – beginnt in Israel das Purimfest, von außen gesehen so etwas wie ein „jüdischer Karneval“. In Jerusalem feiert man das Fest traditionell einen Tag später. Purim ist ganz bestimmt eines der farbenfrohesten, fröhlichsten, vielleicht das am meisten ausgelassene aller jüdischen Feste.

Juden feiern mit dem Purimfest die Vernichtung Hamans, des persischen Kanzlers, der sich vorgenommen hatte, das jüdische Volk zu vernichten. Die Ereignisse werden im biblischen Buch Ester berichtet.

Nach Aussage von Ester 9,20-28 wurde Purim von Mordechai eingesetzt. Im zweiten Jahrhundert vor Christus war es deshalb als „Tag des Mordechai“ bekannt (2. Makkabäer 15,36). Der heute gebräuchliche Name „Purim“ kommt von dem akkadischen Wort für „Los“, „puru“ (Ester 9,26) und erinnert an die Lose, die Haman geworfen hatte, um den Tag zu bestimmen, an dem der Völkermord hätte stattfinden sollen (Ester 3,7).

Sieg über Judenhass und Antisemitismus

Im Laufe der Jahrhunderte wurde Purim ein Fest des Sieges über allen Judenhass und Antisemitismus. Die Ausgelassenheit und die Verkleidungen werden als „lange Nase“ erklärt, die das jüdische Volk seinen Hassern und allen vergeblichen Vernichtungsversuchen macht.

Am Tag vor Purim findet aber noch das „Ester-Fasten“ statt. Es erinnert daran, wie Königin Ester und die persischen Juden das Vorgehen der jüdisch-stämmigen Königin vorbereitet haben (Ester 4,16). Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang dieses Tages fasten orthodoxe Juden. In den Synagogen werden spezielle Gebete und Schriftlesungen verrichtet.

Schule

An Purim trifft man überall verkleidete Menschen / Johannes Gerloff

Viel Lärm in den Synagogen

Die Hauptsache an Purim ist das Lesen der „Ester-Rolle“, des biblischen Buches Ester, am Vorabend des Purimfestes in der Synagoge. Wenn dabei der Name „Haman“ genannt wird, machen vor allem – aber nicht nur – die Kinder möglichst viel Krach, um „den Namen Amaleks auszulöschen“ (vergleiche 5. Mose 25,19; 2. Mose 17,14). Haman wird als „Agagiter“ bezeichnet (Ester 3,1) und deshalb für einen Nachfahren des Amalekiterkönigs Agag gehalten (1. Samuel 15,8ff). Am Morgen in der Synagoge wird dann 2. Mose 17,8-16 verlesen, wo erzählt wird, wie Amalek die Israeliten auf der Wüstenwanderung angegriffen hatte.

Gerne wird an Purim Krach gemacht - zum Beispiel hiermit / Wikimedia Commons

Gerne wird an Purim Krach gemacht – zum Beispiel mit dieser Purimrassel / Wikimedia Commons, Yoninah

Eine wichtige Sitte zum Purimfest ist das Versenden von Geschenken, besonders an die Armen (Ester 9,22). Gemeinnützige Hilfsorganisationen wissen die Purimzeit natürlich in besonderer Weise für ihre Zwecke zu nutzen. Schulklassen in Israel sind damit beschäftigt, Geschenkteller mit Süßigkeiten für Soldaten vorzubereiten.

An keinem jüdischen Fest dürfen bestimmte, charakteristische Speisen fehlen. An Purim sind es besonders die so genannten „Hamantaschen“ oder „Hamansohren“, kleine, dreieckige Gebäckstücke, die mit Süßem gefüllt sind. Über die Anweisung des babylonischen Lehrers Rabba, dass ein Mann aus Freude über die Errettung des jüdischen Volkes am Purimfest so viel Wein zu trinken habe, bis er nicht mehr unterscheiden kann, ob er Haman flucht oder Mordechai segnet, wird bis heute diskutiert. Es gibt allerdings orthodoxe Juden, die dieses rabbinische Gebot sehr ernst nehmen.

Haman-Taschen - ein typisches Gebäck an Purim / Wikimedia Commons

Haman-Taschen – ein typisches Gebäck an Purim / Wikimedia Commons, Yoninah

In Jerusalem länger feiern

In Schuschan, einer der vier persischen Hauptstädte, dem heutigen Susa, feierten die Juden erst am 15. Adar (Ester 9,18), weil sie sich einen Tag länger gegen ihre Feinde wehren durften. Deshalb wird bis heute in Israel in den Städten, die bereits zur Zeit Josuas eine Mauer hatten (vergleiche die Mischna, Traktat Megillot 1,1), auch am 15. Adar das sogenannte „Schuschan-Purim“ gefeiert, zum Beispiel in Jerusalem.

Purim ist ein weniger wichtiges Fest, weil es nicht in der Tora geboten wurde. Deshalb ist es in Israel auch kein gesetzlicher Feiertag. Das heißt, dass viele Firmen, Geschäfte und öffentliche Einrichtungen kürzer geöffnet sind. Die Kinder haben schulfrei, aber die öffentlichen Verkehrsmittel sind wie gewöhnlich unterwegs. Immerhin wurde dem Purimfest aber schon im 2. Jahrhundert unserer Zeitrechnung ein ganzes Traktat in der Mischna unter dem Namen „Megillah“ gewidmet. Darin wird diskutiert, wie das Purimfest gefeiert werden soll.

Purim 2014

Verkleidungen wie zu Kaneval – das ist Purim in Israel / Johannes Gerloff

Angespannte Sicherheitslage

In den vergangenen Jahren waren die Purimfeiern nicht selten von einer angespannten Sicherheitslage überschattet. 1996 kamen um Purim innerhalb von acht Tagen 63 israelische Zivilisten in vier Anschlägen ums Leben. Ein Jahr danach kostete das Selbstmordattentat auf das Cafe Apropos in Tel Aviv drei Frauen das Leben.

Foto: Bunte, fröhliche Verkleidungen – das sieht man in Israel nur an Purim
Quelle: Johannes Gerloff

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