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Ist Kippa-Tragen eine Provokation?

von Ulrich W. Sahm

JERUSALEM, 25.04.2018 – Ein israelischer Araber glaubt nicht, dass es in Berlin Antisemitismus gibt und macht den Selbsttest. Der Israeli wurde tatsächlich von einem syrischen Asylanten attackiert und mit einem Gürtel geschlagen. Der Fall empört die Öffentlichkeit, aber der deutsche Publizist Jakob Augstein twittert: „Wie gestört ist unsere Wirklichkeit, dass jemand auf die Idee kommt, das Tragen der Kippa als Provokation zu nutzen – und damit auch Erfolg hat! Deprimierend. Deutschland 2018.“ Der Syrer dürfte etwas überrascht gewesen sein, dass der „israelische Jude“ ihm in seiner Muttersprache, Arabisch, geantwortet hat. Der deutsche Publizist Augstein war auch nach massiver Kritik nicht von seiner Ansicht abzubringen.

Ein gemeinsamer Gedenktag?

Eine ähnliche Geschmacklosigkeit hat es dieser Tage auch in Israel gegeben. Der linksgerichtete Schriftsteller David Grossmann und seine Freunde haben erneut Palästinenser eingeladen zu einem gemeinsamen „Gedenken“ ausgerechnet am nationalen Heldengedenktag für die 23.645 gefallenen Soldaten und die 3.134 Opfer von islamischem oder palästinensischem Terror.
Gewiss sind auch Palästinenser Opfer von Terror und Gewalt geworden. Doch viele wurden getötet, nachdem sie Terroranschläge gegen israelische Zivilisten verübt haben, darunter grausame Mordtaten, bei denen die Kehlen von Babys in ihren Betten aufgeschlitzt worden sind. Die palästinensischen Terroristen und ihre Angehörigen erhalten großzügige Renten von der Autonomiebehörde. Je mehr „Juden“ sie umgebracht haben, desto mehr Geld gibt es aus den großzügigen Spenden der Europäer. Viele Israelis empfinden deshalb einen solchen gemeinsamen Gedenktag mit Palästinensern aus den Autonomiegebieten als eine unzumutbare Geschmackverirrung. Grossmann und die Organisatoren des „alternativen Gedenktages“ halten ihre gemeinsame Feier als Zeichen des Friedens und für ein Ausstrecken der Hand für den Frieden. Andere bezeichnen das als „Versöhnung“. Entsprechend kritisierten sie eine Verfügung des (rechten) Verteidigungsministers Avigdor Liberman, der die Einreise der Palästinenser aus den Autonomiegebieten verbieten wollte.
Bezeichnend ist, dass selbst diese friedliebenden, propalästinensischen Israelis nicht auf die Idee kämen, eine gemeinschaftliche Gedenkfeier für gefallene israelische Soldaten mit Kämpfern der Hamas im Gazastreifen oder PLO-Terroristen in Ramallah zu veranstalten. Sie wissen genau, dass die israelische Linke, die seit Jahren immer mehr Wähler verliert, eine solche Geschmacklosigkeit politisch nicht überleben würde. Und im Gazastreifen würde die Hamas sie gewiss nicht mit offenen Armen empfangen, im Gegenteil.

Zum Glück kam in Deutschland bisher niemand auf die Idee, den Holocaust-Gedenktag zu einem ähnlichen „Tag der Versöhnung“ zu missbrauchen und die Nazi „Opfer“ zu beklagen, sei es bei dem Aufstand im Warschauer Ghetto oder weil einige von ihnen nach dem Krieg zum Tode verurteilt und hingerichtet worden sind.

Frieden und Versöhnung ist zweifellos eine ehrenwerte Ambition. Aber es ist eine unbeschreibliche Geschmacklosigkeit, wenn die Toten für politische Zwecke missbraucht werden oder wenn zwischen unschuldigen Opfern und ihren Mördern nicht mehr unterschieden wird. Und dass dieser Tage in Berlin ein deutscher Publizist das Tragen einer Kippa als „Provokation“ bezeichnet und das Verprügeln eines Kippa- Trägers als „Erfolg“, ist nur ein weiterer Höhepunkt der Ignoranz.

Das jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus hat ein Video zur Attacke in Berlin veröffentlicht:

Foto: Symbolbild – Eine Kippa auf einem Tallit. Beides religiöse Symbole des Judentums.
Quelle: Wikimedia Commons, Berkowitz_250

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