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Anklage gegen Sara Netanjahu erhoben

von Ulrich W. Sahm

JERUSALEM, 21.06.2018 – Nach drei Jahren polizeilicher Untersuchungen gegen das Ehepaar Netanjahu ist jetzt eine formelle Klage gegen Sara, der Ehegattin des israelischen Premierministers, bei Gericht eingereicht worden. Der 59-Jährigen (Foto) wird vorgeworfen, Mahlzeiten im Wert von 80.000 Euro bei teuren Restaurants bestellt und mit Steuergeldern bezahlt zu haben, obgleich eine Köchin auf Staatskosten im Hause Netanjahu angestellt war. Das wurde als „eigennützige Verschwendung von Steuergeldern und Vertrauensbruch“ gewertet. Staatsanwalt Avichai Mendelblit sowie der Staatsankläger Shai Nitzan haben die Klage beim Gericht eingereicht, nachdem eine außergerichtliche Absprache gescheitert war. Sara Netanjahu habe sich geweigert, dem Staat die genannte Geldsumme zu erstatten. Dementiert wurde eine Äußerung von Sara Netanjahu, wonach sie lieber ins Gefängnis gehe.

Vorwurf: Verschwendung

Die Mahlzeiten dienten wohl auch dazu, Staatsgäste zu bewirten. Aber weil es eine festangestellte Köchin gab, gilt es als Verschwendung, das Catering bei teuren Gourmet-Restaurants zu bestellen. Solches Essen sei sowohl für den offiziellen Amtssitz in Jerusalem wie auch für die Privatvilla in Caesarea geordert worden.

Zusammen mit Sara Betanjahu wurde auch Ezra Saidoff angeklagt, ein früherer Generaldirektor im Büro des Ministerpräsidenten. Saidoff leitete den Haushalt. Er soll wegen Betrug und Vertrauensbruchs vor Gericht.

Beiden wird die falsche Aussage vorgeworfen, wonach kein Koch zur Verfügung gestanden habe, als die teuren Mahlzeiten bei den Restaurants bestellt wurden. Per Gesetz ist es verboten, Mahlzeiten von Restaurants zu bestellen, solange ein Koch im Hause des Ministerpräsidenten bereit steht. Saidof wird zudem zur Last gelegt, illegal Chefs und Kellner für private Mahlzeiten im Hause der Netanjahus angeheuert und dann Rechnungen gefälscht zu haben.

Die Vorwürfe stammen im Wesentlichen von Nir Hefetz, der sich selber vor einer Anklage geschützt hat, indem er „Kronzeuge“ wurde.

Erstunken und erlogen“

Die Anwälte von Sara Netanjahu und Saidof behaupteten inzwischen, dass alle Vorwürfe „erlogen und erstunken“ seien. Problematisch sei zum Beispiel, dass diese Vorwürfe gegen die Ehefrau des Ministerpräsidenten erhoben worden seien, obgleich sie keine Staatsangestellte sei und deshalb nicht an Vorgaben gebunden sei, die von „unbedarften Beamten ohne Vollmacht“ nur wenige Tage vor dem Amtsantritt Netanjahus festgelegt wurden. Sara habe nichts davon gewusst.

Gegen das Ehepaar Netanjahu stehen noch weitere Verdachtsmomente im Raum. So hätten sie Geschenke von amerikanischen Millionären entgegengenommen, darunter rosa Champagner und teure kubanische Zigarren. Netanjahu soll dem Hollywood-Produzenten Arnon Milchan im Gegenzug bei der Beschaffung von Einreisevisa und anderen Vergünstigungen geholfen haben.

Der Premierminister steht zudem wegen Korruption und Veruntreuung unter Verdacht. Da geht es um Schmiergelder beim Kauf der U-Boote aus Deutschland, problematische Kontakte mit den Medien und um die monopolitische Telefongesellschaft Bezeq.

Gegen den Premierminister wurde selbst nach jahrelangen intensiven polizeilichen Verhören bislang keine Anklage eingereicht. Erst wenn die Verdachtspunkte gerichtsfähig nachgewiesen sind, würde es für den seit rund zehn Jahren regierenden Ministerpräsidenten eng werden. Ein Verdacht der Polizei reicht jedoch nicht aus, um ihn vor Gericht zu zerren. Ohne offizielle Klage kann er nicht zum Rücktritt gezwungen werden. Netanjahu wiederholt ständig sein Mantra: „Es wird nichts sein, weil nichts war“.

Während die linke Opposition seit Jahren den Sturz Netanjahus betreibt, redet die israelische Rechte von einer unlauteren Hetzjagd gegen den Premierminister. Anstatt ihn mit politischen Mitteln zu bekämpfen, werde versucht, ihn mit Hilfe der Polizei und der Staatsanwaltschaft aus dem Amt zu treiben. Foto: Miriam Alster / Flash90

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