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Israelis unterstützen Trauma-Netzwerk in Chicago

von Elisabeth Lahusen

CHICAGO / JERUSALEM, 28.06.2018 – „Mit meiner Familie lebe ich, wie einst König David, im Tal der Todesschatten. Wir nennen es: Chicago.“
Christopher Harris ist leitender Pastor der „Bright Star Church“ in Bronceville. Weil in diesem Stadtteil Chicagos Gewalt und Schießereien auf der Tagesordnung stehen, hat er eine Hilfsorganisation gegründet, deren ursprüngliche Ziel es war, Gewaltprävention anzubieten. Heute bildet sie darüber hinaus Seelsorger und Sozialarbeiter in Trauma-Beratung aus. Geholfen haben dabei Experten aus Israel. Auf einer Israelreise im Jahr 2012 ging Harris „eine Glühbirne auf“: “Während Israelis Angst wegen Raketenbeschuss haben, zählen wir in Chicago Leichensäcke und Fußfesseln.“ Bei seinen Nachforschungen darüber, wie Israelis mit traumatischen Belastungen umgehen, lernt der Pastor Orly Gal kennen. Gal ist Leiterin eines multidisziplinären Zentrums für Trauma und Resilienz.
„Israelisches Modell zur Traumaberatung weltweit einzigartig“
„In Israel betreiben wir eine Telefonhotline und klären Fachleute und Organisationen über den Umgang mit Traumata auf”, meint Gal und fügt hinzu: “Wir haben ein einzigartiges Modell, das Sie nirgendwo anders finden werden. Es ist sehr interessant für Menschen aus dem Ausland, weil es jegliche Arten von Trauma – nicht nur Krieg und Terror – abdeckt“, erklärt Gal. „An diesem Tag in Israel fasste ich den Entschluss: ich möchte meine Mitarbeiter nach israelischem Vorbild ausbilden lassen“ erzählt Harris. Auf Bitten von Harris entsendet Gal drei Fachleute nach Chicago: “Als sie Jugendliche im Alter von 14 Jahren über ihre Träume für die Zukunft befragten, sagten viele, dass sie nur bis zum 20. Lebensjahr leben wollen. Das werde ich nie vergessen”, erzählt Gal. Weitere Nachforschungen unter 1800 Jugendlichen ergaben: Zwei Drittel der Schüler hatten Ängste um die Sicherheit ihrer Familie und Freunde. 35 Prozent zeigten Symptome einer Depression.
Gang zum Psychologen bei Afroamerikanern verpönt
„Afroamerikaner gehen nicht wirklich zum Psychologen”, meint Harris. “Aber sie vertrauen ihren Glaubensleitern.“ Die israelischen Experten trainieren Harris Mitarbeiter, bringen ihnen das nötige Wissen, sowie praktische traumapädagogische Übungen bei. Dabei wird einigen Mitarbeitern klar: Bevor sie anderen helfen können, müssen sie sich eigenen seelischen Verletzungen stellen und aufarbeiten. Doch das hat auch Vorteile: „Wir haben jetzt eine erhöhte Sensibilität dafür, was andere Menschen auf ihrem Heilungsweg durchmachen müssen, weil wir es selbst erlebt haben,“ meint Teilnehmer Rodney Carter. Seit 2017 gibt es in Chicago außerdem Telefonseelsorge nach israelischem Vorbild.
Laut Harris ist die Partnerschaft mit den israelischen Experten ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Israelis und Amerikaner, Juden und Christen zusammen arbeiten können, um „Menschen zu heilen und ihnen Hoffnung zu geben. Unser Ziel ist es, das Modell auf das ganze Land zu übertragen“.

Bild: Israelische Trauma-Experten geben ihr Wissen im September 2016 an Chicagoer Seelsorger und Sozialarbeiter weiter. Quelle: privat.

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