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Merkel in Israel: Dolmetscherin flucht, Kanzlerin irritiert

von Ulrich W. Sahm

JERUSALEM, 05.10.2018 – Der Besuch der deutschen Kanzlerin in Israel hat nicht einmal 24 Stunden gedauert. Zu den meisten Treffen waren nur offizielle Fotografen zugelassen. Und selbst die in letzter Minute angekündigte Pressekonferenz war nur eine peinliche Show: Die paar erschienenen Journalisten mussten sich mehrstündiger Sicherheitskontrollen unterziehen und dann in dem Saal Plätze in den hinteren Reihen suchen, weil vorne Minister und Amtsträger saßen. Die Pressekonferenz bestand dann aus je einer Frage von ARD und ZDF, sowie je einer Frage von zwei israelischen Journalisten.

Netanjahu und Merkel hielten gut vorformulierte Standard-Reden. Zwischenfragen wurden nicht zugelassen. Bei der Pressekonferenz wurden ein paar bedruckte Seiten Papier ausgeteilt, wodurch die Journalisten erstmals die Namen der mitgereisten Minister Merkels erfuhren. Dieses Papier war so geheim, dass handschriftlich eingefügt war „Sperrfrist bis 17:45 Uhr Ortszeit“.

Merkel erklärte, dass sie zwar an der Zweistaatenlösung festhalte, es gebe aber auch viele andere denkbare Lösungen. Trotz Meinungsverschiedenheiten bei der Siedlungspolitik wolle sie sich nicht in die „inneren Angelegenheiten“ Israels einmischen. Netanjahu betonte, dass Israel mehrfach die Europäer vor geplanten iranischen Terroranschlägen gewarnt habe. In Frankreich und in Berlin seien deswegen iranische Diplomaten verhaftet worden. Die Aussagen Merkels bestätigen, dass tränenrührige Reportagen etwa im „Spiegel“ über den Abriss des illegal auf Staatsland errichteten Beduinendorfes Kahn el Akhmar Teil einer palästinensischen Kampagne waren, den Merkel-Besuch in Israel scheitern zu lassen.

Chaos wegen Dolmetscherin

Für Chaos auf der Pressekonferenz sorgte nicht die Politik, sondern die Dolmetscherin. Als ein israelischer Journalist auf Hebräisch eine Frage stellt, schweigt die Übersetzerin. Nach einigen Sekunden sagt sie: „Wir können das nicht verstehen, da ist kein Mikrofon”. Die Übersetzung bleibt auch für die Bundeskanzlerin aus. Merkel hebt ihre linke Hand, als wolle sie auf das Chaos hinweisen. Dann fasst sie an ihren Ohrhörer, murmelt “hm, hm, hm”. Währenddessen sagt die Übersetzerin: „Frau Bundeskanzlerin, es tut uns furchtbar Leid, aber wir hören das nicht und können es nicht übersetzen.” Als die Frage gestellt ist, wendet sich Netanjahu zu Merkel und fragt auf Englisch: „Willst du zuerst antworten?” Merkel: „Das Mikro ist offensichtlich nicht an” Merkel antwortet auf Deutsch: „Ich habe keine Übersetzung erhalten. Das Mikrofon ist offensichtlich nicht an.” Den Journalisten bittet sie, noch einmal in das Mikrofon zu sprechen. Doch dazu kommt es nicht. Netanjahu ruft einen Übersetzer zu Merkels Rednerpult und witzelt: „Wir müssen unsere Technologie in Israel auch in dieser Hinsicht erneuern.” Als sich der Übersetzer abwendet, sagt Merkel: „Wir haben uns heute wohl verausgabt, was die Technologie angeht. Da hat es für die Pressekonferenz nicht mehr gereicht.” Merkel ist sichtlich irritiert.

Brisante Frage geht unter

Als ein deutscher Journalist Netanjahu nach dem Palästina-Konflikt fragt, setzt die Übersetzung erneut aus. Eine brisante Frage, schließlich sind sich Merkel und der israelische Präsident bei diesem Thema uneins. Als Netanjahu antwortet, schüttelt Merkel den Kopf. Die Übersetzerin spricht ein lautes „Scheiße” ins Mikro und sagt, „das war nicht auf dem richtigen Punkt” und entschuldigt sich.

BILD: Merkel und Netanjahu bei ihrer nicht ganz gelungenen gemeinsamen Pressekonferenz im King-David-Hotel in Jerusalem. Foto: Hadas Parush / Flash90

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