zurück zu Aktuelles

Nach Raketenangriff auf Tel Aviv: Israelische Luftwaffe bombardiert die Hamas im Gazastreifen

von Tommy Mueller

TEL AVIV / GAZA, 15.03.2019 – Israelische Kampfflugzeuge haben in der Nacht zum Freitag über 100 Einrichtungen der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen angegriffen. Es war eine Reaktion auf den Beschuss der Mittelmeer-Metropole Tel Aviv mit zwei Raketen am Donnerstagabend (Fokus Jerusalem berichtete). Gaza-Palästinenser feuerten in der Nacht neun weitere Raketen auf israelische Gemeinden in Grenznähe. Nach Armeeangaben zerstörte das Abwehrsystem „Eiserne Kuppel“ sechs Raketen noch in der Luft. Zwei Raketen schlugen auf freiem Feld ein, eine weitere schaffte es nicht über die Grenze und ging im Gazastreifen nieder. Es gab keine Verletzten. Auf dem Gelände einer Schule in der Grenzstadt Sderot wurden am Morgen Raketentrümmer gefunden.

Luftangriffe bis zum Morgen

Die israelischen Luftangriffe hielten die ganze Nacht hindurch an. Die Armee macht die Hamas für den Angriff auf Tel Aviv verantwortlich. Ein Sprecher der Hamas bestritt dies. Bei den Islamisten sitzt die Angst vor massiven Vergeltungsschlägen offenbar tief: Ein Hamas-Sprecher versicherte der Online-Zeitung „Times of Israel“, man habe kein Interesse an einer Eskalation. In einer außergewöhnlichen Stellungnahme verurteilte das von der Hamas geleitete Innenministerium in Gaza-Stadt den Raketenangriff auf Tel Aviv und kündigte Maßnahmen gegen die Täter an. Auch der noch extremere Islamische Dschihad, der zunächst für die Raketenabschüsse verantwortlich gemacht wurde, beeilte sich mitzuteilen, seine Kämpfer hätten mit der ganzen Sache nichts zu tun.

Die israelische Armee meldete am Morgen, die Luftwaffe habe unter anderem eine Kommandozentrale der Hamas attackiert, die für die Planung von Anschlägen im sogenannten Westjordanland zuständig gewesen sei. Weitere Ziele seien eine unterirdische Fabrik zur Herstellung von Grad-Raketen gewesen sowie eine Basis von Marinesoldaten der Hamas. Palästinensische Medien berichteten von mehreren Angriffen auf Ziele in Gaza-Stadt und im nördlichen Gazastreifen. Tote oder Verletzte wurden von palästinensischer Seite nicht gemeldet.

Tausende Tel Aviver suchen Schutz

Der Raketenangriff auf Tel Aviv war die erste Attacke auf die zweitgrößte israelische Stadt seit dem Gazakrieg 2014. Tausende Menschen flüchteten in Schutzräume, als die Sirenen kurz nach 21 Uhr Ortszeit losheulten. Fünf Menschen erlitten einen Schock und mussten vom Rettungsdienst versorgt werden. Die Stadtverwaltung ließ sofort alle öffentlichen Schutzräume öffnen. Es wurden aber keine weiteren Warnungen oder Hinweise an die Zivilbevölkerung ausgegeben.

Schutzraum in Tel Aviv

Menschen versammeln sich in der Nacht zum Freitag nach den Raketenangriffen vor einem öffentlichen Schutzraum in Tel Aviv. Foto: Adam Shuldman / Flash90

Minister fordern: Hamas-Führer töten

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu gerät durch den Raketenangriff in Wahlkampfzeiten unter Druck. Zwei seiner Minister, Naftalie Bennett und Moshe Kahlon, forderten ihn auf, Hamas-Anführer gezielt töten zu lassen. Die bisherige Beschwichtigungspolitik habe nichts gebracht. Zuletzt hatte eine ägyptische Delegation versucht, zwischen Jerusalem und Gaza zu vermitteln. Die Ägypter verließen nach den Angriffen auf Tel Aviv den Gazastreifen, um den israelischen Vergeltungsschlägen zu entgehen.

Bild: Im Kurznachrichtendienst Twitter informierte die israelische Armee über die nächtlichen Vergeltungsangriffe auf Gaza. Foto: Screenshot/ IDF

UPDATE:

Wie das israelische und das palästinensische Fernsehen am Freitag zeitgleich berichteten, ist zwischen Israel und der Hamas ein Waffenstillstand vereinbart worden. Dieser sei mit Hilfe ägyptischer Vermittler zustande gekommen. Auch der Islamische Dschihad im Gazastreifen werde sich an das Abkommen halten, hieß es. Die Hamas hat die für die heutigen Freitags-Proteste an der Gazagrenze abgesagt.

Die beiden Raketen aus dem Gazastreifen seien am Donnerstag „versehentlich“ auf Tel Aviv abgeschossen worden. Gemäß einer Mitteilung des israelischen Militärsprechers habe wohl ein niedrig-rangiger palästinensischer Kämpfer „irrtümlich“ auf den Knopf gedrückt, mit dem die Raketen auf die israelische Metropole abgeschossen worden seien. Diese Aussagen des Militärsprechers wurden in Israel mit Häme und Unglaube aufgenommenen. Laut Armee habe man sich deshalb mit einer „beschränkten“ Reaktion begnügen können, anstatt eine umfassende Militäroperation gegen die Islamisten im Gazastreifen zu starten.

Weitere News aus dem Heiligen Land