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Französisches Gericht: Mörder einer Jüdin für Bluttat nicht verantwortlich

JERUSALEM / PARIS, 21.07.2019 (TM) – Ein aus Mali stammender muslimischer Mann, der in Paris seine jüdische Nachbarin ermordete und dabei Allah anrief, ist für seine Tat nicht verantwortlich. Er habe zur Tatzeit unter dem Einfluss von Marihuana gestanden und sei deshalb möglicherweise unzurechnungsfähig gewesen, urteilte jetzt ein französisches Gericht. Deshalb könne ihm nicht der Prozess gemacht werden. Die Entscheidung sorgte bei jüdischen Vereinigungen in Frankreich und in Israel für Entsetzen.

Beim Mord Koranverse zitiert

Die Vorab-Entscheidung gegen Kobili T. (zur Tatzeit 27 Jahre alt) wurde am Freitag bekannt gegeben. Ihm wird vorgeworfen, er habe am 4. April 2017 im Pariser Stadtteil Belleville auf seine Nachbarin, die pensionierte Ärztin Sarah Halimi (66) eingeschlagen und sie schließlich aus dem Fenster ihrer Wohnung im dritten Stock geworfen. Währenddessen habe die Polizei vor der Wohnungstür der laut um Hilfe rufenden Frau gestanden, ohne einzugreifen, da sie auf das Eintreffen einer Spezialeinheit wartete. Der Täter, der als drogenabhängiger Dealer polizeibekannt war, habe die Frau lautstark als „Dämon“ beschimpft und Koranverse zitiert, bevor er sie umbrachte. Schon zwei Jahre zuvor war er aufgefallen, als er Sarah Halimis Tochter als „dreckige Jüdin“ beschimpft hatte.

T. gab nach seiner Festnahme die Tat zu, wies aber den Vorwurf des Antisemitismus zurück; vielmehr habe er sich von einer dämonischen Macht gedrängt gefühlt.

Sarah Halimi wurde in Jerusalem beigesetzt. An einem von der jüdischen Gemeinschaft in Frankreich organisierten Schweigemarsch nahmen mehr als 1000 Menschen teil.

Nach der Vorentscheidung kann Kobili T. nun in eine psychiatrische Klinik eingewiesen oder zu einem Drogenentzug geschickt werden. Auch eine Freilassung sei möglich, berichtet die Nachrichtenagentur JTA. Die Anwälte der Nebenkläger kündigten an, gegen die Entscheidung Einspruch einzulegen.

Vertrauen in Justiz schwindet

Sammy Gholzan, ein früherer hoher Polizeibeamter und Gründer des französischen Büros gegen Antisemitismus, erklärte gegenüber JTA, angesichts der Behandlung des Falles Halimi habe er „kein volles Vertrauen mehr, dass antisemitische Hass-Straftaten in Frankreich ordnungsgemäß gehandhabt werden.“ Polizei, Justiz und Medien wurde nach der Tat vorgeworfen, die Öffentlichkeit nur unzureichend informiert und den vermuteten antisemitischen Hintergrund heruntergespielt zu haben.

Französische Juden leiden besonders unter Hass und Anfeindungen. Die Zahl antisemitischer Straftaten in Frankreich ist im vergangenen Jahr um 74 Prozent gestiegen. Frankreich ist nach Israel und den USA das Land mit der drittgrößten jüdischen Bevölkerung. Die nimmt allerdings ab, denn immer mehr Familien wandern nach Israel aus.

Bild: Mordopfer Sarah Halimi. Foto: privat

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