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Regierungsbildung gescheitert: Neuwahlen am 2. März

JERUSALEM, 12.12.2019 (TM) – Die Israelis müssen zum dritten Mal innerhalb eines Jahres an die Wahlurnen. Weil weder Regierungschef Benjamin Netanjahu noch sein Herausforderer Benny Gantz es schafften, eine Mehrheit der 120 Knesset-Abgeordneten hinter sich zu vereinen, hat das Parlament in der Nacht zum Donnerstag seine Selbstauflösung beschlossen. Die Neuwahlen finden am 2. März 2020 statt. Umfragen zufolge könnten sie erneut in eine Sackgasse führen, wobei Regierungschef Netanjahu nach jetzigem Stand mit Verlusten rechnen muss.

Einzigartige Regierungskrise

Eine derartige Regierungskrise hat es in der Geschichte des Staates Israel noch nicht gegeben. Netanjahu und Gantz machten sich gegenseitig dafür verantwortlich. Um Mitternacht lief die Frist für die Bildung einer neuen Regierung ab. Die Abgeordneten diskutierten bis in den frühen Donnerstag morgen. Gegen 3:30 Uhr wurde dann der Termin für die Neuwahlen festgelegt.

Netanjahu wird den bevor stehenden Wahlkampf im Schatten der gegen ihn erhobenen Korruptionsanklage führen müssen. Der Generalstaatsanwalt will ihn wegen Bestechung, Betrugs und Vertrauensbruchs vor Gericht bringen. Israels langjährigster Premierminister bestreitet jedes Fehlverhalten. Auch innerparteilich gerät der 70-jährige Vorsitzende der Likudpartei zunehmend unter Druck: Sein Parteifreund Gideon Sa’ar hat angekündigt, bei der Wahl eines Parteivorsitzenden am 26. Dezember gegen ihn anzutreten.

Die strafrechtlichen Vorwürfe waren seit September ein Knackpunkt in den Koalitionsverhandlungen. Das Bündnis Blau-Weiß von des Ex-Armeechefs Gantz bestand darauf, nicht mit einem bald vor Gericht stehenden Ministerpräsidenten zu koalieren. Gantz forderte Netanjahu auf, er solle öffentlich erklären, dass er keine parlamentarische Immunität vor Strafverfolgung anstreben werde. Es wird allgemein erwartet, dass der Premierminister dies beantragt.

Umfrage: Verluste für Likud

Wenn jetzt Wahlen wären, erhielte Netanjahus Likud-Partei 33 Sitze, Blau-Weiß käme auf 37. Beide benötigen Koalitionspartner für eine Mehrheit. Likud stützt sich auf rechte und religiöse Parteien, Blau-Weiß auf die Linken. Aktuell würden die Neuwahlen erneut in eine politische Sackgasse führen.

Laut der Umfrage machen 41 Prozent der Befragten Netanjahu dafür verantwortlich, dass erneut gewählt werden muss. 26 Prozent geben dem Chef der Partei „Haus Israel“, Avigdor Liberman, die Schuld, der mit keiner der großen Parteien zusammen arbeitete. Nur fünf Prozent sahen das Problem bei Benny Gantz. 23 Prozent waren der Meinung, alle beteiligten Politiker seien gleichermaßen verantwortlich.

Die erneute Wahl wird mehrere Hundert Millionen Schekel kosten. In Israel wird an einem Werktag gewählt, der wegen des Urnengangs zu einem zusätzlichen Feiertag erklärt wird. Weil Israel seit Monaten von einer Übergangsregierung geführt wird, können wichtige Reformen und Neuerungen nicht verabschiedet werden. Darunter leiden sozial Bedürftige ebenso wie die israelische Wirtschaft.

Bild: Die Knesset-Abgeordneten berieten bis zum frühen Morgen. Foto: Olivier Fitoussi/Flash90

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