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Oppositionsführer Benny Gantz setzt auf Minderheitsregierung

JERUSALEM, 11.03.2020 (DK) – Nach den dritten Wahlen binnen eines Jahres setzt Israels Oppositionsführer Benny Gantz offenbar auf eine Minderheitsregierung. Sein Mittebündnis Blau-Weiß bemüht sich um eine Koalition mit den Parteien „Israel Beteinu“ und „Avoda-Gesher“. Er ist zudem auf die Unterstützung der arabischen Partei „Vereinte Liste“ angewiesen, welche sich der Regierung jedoch nicht anschließen würde. Ihr Vorsitzender, Ayman Odeh, stellt harte Forderungen dafür, dass Gantz die Stimmen seiner Parteimitglieder gewinnt. Beispielsweise soll Juden der Zutritt zum Tempelberg verwehrt werden. Obwohl die Likud-Partei des amtierenden Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu bei den Wahlen 36 Mandate gewonnen hat und damit die größte Fraktion in der Knesset darstellt, fehlen dem rechtskonservativem Block noch zwei Stimmen zur Regierungsmehrheit. 

Netanjahus Antrag auf Verlegung von Gerichtsverhandlungen abgelehnt

Netanjahus Wunsch-Koalition setzt sich aus Parteien des rechtskonservativen und religiösen Lagers zusammen, welche insgesamt 58 von 120 Sitzen im Parlament gewannen. Obwohl der 70-Jährige die Wahlergebnisse als den wichtigsten Sieg seines Lebens bezeichnete, steht er seit der Wiederwahl vor vielen Herausforderungen. Israels langjähriger Premier wird in drei Fällen der Korruption angeklagt und die Gerichtsverhandlungen sind auf  Dienstag nächster Woche angesetzt. Netanjahus Anwälte hatten das Jerusalemer Amtsgericht um eine 45-tägige Verlängerung der Frist gebeten, doch die zuständige Richterin Rivka Friedman-Feldman lehnte den Antrag ab. Die Opposition im Parlament hat zudem kürzlich angekündigt, ein Gesetz verabschieden zu wollen, nach welchem unter Anklage stehenden Personen das Amt des Premierministers entzogen wird. 

Nach den Wahlen im April und September vergangenen Jahres gelang keinem der Spitzenkandidaten die Regierungsbildung. Aufgrund der Pattsituation wird das Land seit fast einem Jahr mit einem Notfallbudget regiert. Avigdor Liberman, in Israel auch der „Königsmacher“ genannt, wird nun zum dritten Mal in Folge zum Zünglein an der Waage. Wie sich der Vorsitzende der Partei „Israel Beiteinu“ positioniert, wird vermutlich darüber entscheiden wer als nächstes das Amt des Ministerpräsidenten im jüdischen Staat bekleiden wird. Nun scheint es so als wolle Gantz seine Forderungen akzeptieren. Liebermans säkular-konservative Fraktion setzt sich für Rentensicherung, Handel und Verkehr am Sabbat, Wehrpflicht auch für ultraorthodoxe Männer, Zivilehe und Erleichterung des Übertritts zum Judentum ein.  

Noch keine Erfolgschancen auf Minderheitsregierung in Sicht

Einige der Abgeordneten der Fraktion „Vereinte Liste“ hatten zunächst ihre Ablehnung einer Minderheitsregierung unter Gantzs Führung kundgetan. Auch Mitglieder des israelischen linkspolitischen Lagers zeigten sich nicht damit einverstanden, auf die Unterstützung der arabischen Partei angewiesen zu sein. Die Politikerin Orly Levy-Abekasis kündigte an, Gantz verliere ihre Stimme, wenn er mit der Fraktion kooperiere. Der Parteichef von Blau-Weiß befindet sich nun auf einer heiklen Mission: Bis zum 23. März will er eine Minderheitsregierung trotz der Hindernisse auf die Beine stellen, die das Land aus der Krise führen soll. 

Bild: Benny Gantz und Avigdor Lieberman geben eine gemeinsame Pressekonferenz. Quelle: Tomer Neuberg/Flash90

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