zurück zu Aktuelles

Eine Koalition in der Krise: Israel fürchtet Neuwahlen

JERUSALEM, 09.08.2020 (DK) – Israel befindet sich in einer der größten innenpolitischen Krisen seit Jahren. Jede Woche gewinnen die Proteste gegen die Coronapolitik der Regierung und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu an neuem Zulauf. So steigt der Druck auch auf das brüchige Koalitionsbündnis. Die Regierung scheint dem Widerstand nun nicht länger stand halten zu können. Am Samstagabend kündigten sowohl die Likud-Partei als auch das Mittebündnis Blau-Weiß an, dass am Sonntag keine Kabinettssitzung statt finden wird. In Israel fürchten viele, dass das Land auf die nächsten Wahlen zusteuert. 

Israel drohen vierte Wahlen innerhalb von zwei Jahren

Die beiden stärksten Fraktionen der Knesset schieben sich gegenseitig die Schuld für die politische Sackgasse zu. Im Mittelpunkt der Diskussion steht dabei das Haushaltsbudget. In einer Erklärung der Likud hieß es, dass Blau-Weiß sich geweigert habe, der Debatte zu einem Hilfspaket in Höhe von 2,1 Mrd. Euro zuzustimmen. Der Regierungspartner hielt dagegen, dass das Treffen abgesagt wurde, da sich die Likud nicht an die Koalitionsvereinbarungen halte. Zuvor war Netanjahu und seiner Partei ein Alleingang in Sachen Hilfspakete vorgeworfen worden. Viele kritisierten den Plan zur Verteilung des Geldes als strategisch unklug. 

Wenn sich die beiden Kontrahenten bis zum 25. August auf kein Haushaltsbudget einigen können, wird die Regierung automatisch aufgelöst. In diesem Fall drohen Israel die vierten Wahlen innerhalb von zwei Jahren. Abgesehen von den immensen Wahlkosten, ist eine Übergangsregierung außerdem nicht stabil genug, um das Land aus der Wirtschafts- und Gesundheitskrise zu führen. 

Netanjahu und Gantz verlieren an Unterstützung

Wie die Massenproteste zeigen, empfindet die Bevölkerung ihre Führung als abgehoben und realitätsfern. Seit März diesen Jahres ist ein Viertel aller Israelis durchgängig ohne Beschäftigung geblieben. Vor Allem die zwei mächtigsten Männer im Staat, Netanjahu und Gantz, haben deutlich an Unterstützung verloren. Laut einer Umfrage des Fernsehsenders Kanal 13 , würde Netanjahus Likud von 36 auf 33 Sitze in der Knesset zurückfallen. Innerhalb der Partei wollen jedoch viele den Machtwechsel. Da sich Gantzs Partei Anfang diesen Jahres gespalten hat, wäre damit auch für ihn das Amt des Ministerpräsidenten außer Reichweite.  

Bild: Benny Gantz und Benjamin Netanjahu bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Quelle: Tal Shahar/POOL

Weitere News aus dem Heiligen Land