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Politische Krise verschärft sich: Parlamentssitzungen bis Montag abgesagt

JERUSALEM, 19.03.2020 (DK) – Der Sprecher der Knesset, Yuli Edelstein, hat alle Parlamentssitzungen aufgrund von neuen Auflagen des Gesundheitsministeriums abgesagt. Die Diskussionen wurden bis auf nächsten Montag vertagt. Israel hat Versammlungen von über 10 Menschen verboten, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Sowohl die Opposition als auch Präsident Reuven Rivlin erhoben heftige Einwände gegen die Entscheidung. Rivlin warnte den Knesset-Sprecher, er könne nicht zulassen, dass die Coronakrise „unser demokratisches System untergräbt“. Edelstein erklärte, dass die „demokratischen Prozesse und die parlamentarische Kontrolle“ erst wieder eingesetzt werden, wenn das Land dazu bereit sei.

Gantz will Einspruch beim Obersten Gerichtshof einlegen 

Edelstein ist Parteimitglied der von Benjamin Netanjahu angeführten Likud. Vonseiten der Medien wird ihm vorgeworfen, die Macht des Premiers sichern zu wollen, während die Koalitionsgespräche noch am Laufen sind. Oppositionsführer Benny Gantz wurde erst vor wenigen Tagen mit der Regierungsbildung beauftragt. Das Mittebündnis Partei Blau-Weiß will beim Hohen Gerichtshof nun Einspruch gegen Edelsteins Entscheidung einlegen. Obwohl von vielen Seiten Besorgnis geäußert wurde, soll der Sprecher sich vehement geweigert haben, den Schritt rückgängig zu machen. 

Parlament kann keine Organisationskomitees aufstellen

Mit einer abgeriegelten Knesset ist die Formation von Organisationskomitees unmöglich. Ohne die entsprechenden Ausschüsse kann weder die Umstrukturierung der Knesset noch ein einheitlicher Umgang mit dem Coronavirus organisiert werden. „Der Likud verhindert die Arbeit des Parlaments“, sagte Gantz und fügte hinzu: „Und das, nachdem die Knesset bereits seit über einem Jahr nicht mehr funktioniert.“ Am 2. März fanden in Israel die dritten Wahlen binnen eines Jahres statt. Weder Benjamin Netanjahu noch Benny Gantz konnten bislang eine Einigung erzielen. 

Gerade im Kampf gegen das neuartige Coronavirus braucht Israel eine stabile Regierung. In diesem Punkt sind sich ausnahmsweise alle einig. „Eine Knesset, die außer Betrieb ist, beeinträchtigt die Fähigkeit des Staates Israel, im Notfall gut und verantwortungsvoll zu funktionieren. Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Krise, so ernst sie auch ist, unserem demokratischen System schadet“, appellierte Rivlin an Edelstein. Israel zählt derzeit 433 nachgewiesene Infektionen mit COVID-19.

Bild: Knesset-Sprecher Yuli Edelstein und Präsident Reuven Rivlin am 30. April 2019. Quelle: Noam Revkin Fenton/Flash90

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