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Israel erwägt Abriegelung ultraorthodoxer Wohngebiete

JERUSALEM, 30.03.2020 (DK) – Die Zahl der bestätigten Infektionen mit dem Coronavirus ist in den ultraorthodoxen Wohnvierteln Israels rasant angestiegen. Bis zu 60 Prozent aller Infizierten in den Krankenhäusern stammen aus streng religiösem Milieu. Da unter ultraorthodoxen Juden oftmals ein Handy- und Internetverbot gilt, sind die Mitglieder dieser Gemeinschaft allgemein schlechter über die aktuelle Situation informiert. Zudem weigern sich radikalere Gruppierungen aus Prinzip, die geltenden Einschränkungen einzuhalten. Nun kündigte Israel an, dass möglicherweise alle betroffenen Wohngebiete komplett abriegelt werden. 

400 Ultraorthodoxe nehmen an einer Beerdigung in Bnei Brak teil

Vergangene Woche beschloss die Regierung, dass alle Synagogen vorerst geschlossen bleiben. Viele streng religiöse Juden richten sich jedoch nicht nach den Staatsvorschriften, sondern nach den Anweisungen ihrer Rabbiner. Am Sonntagmorgen nahmen so 400 Ultraorthodoxe an der Beerdigung des Rabbis Tzvi Shinker in der Stadt Bnei Brak teil. Versammlungen dieser Art sind aufgrund der Ansteckungsgefahr streng untersagt. Die Polizei versuchte erfolglos eine Vereinbarung mit den Veranstaltern zu erzielen und konnte die Regelungen nicht durchsetzen. 

Oberrabbiner: Gemeinsames Gebet muss ganz eingestellt werden

Nachdem das neuartige Virus bei einer hohen Anzahl religiöser Juden nachgewiesen wurde, rief der Oberrabbiner der ultraorthodoxen Gemeinschaft dazu auf, das gemeinsame Gebet einzustellen. Nach jüdischer Tradition müssen mindestens zehn Männer anwesend sein, um einen Gottesdienst abzuhalten. Bis vergangenen Mittwoch galt dies noch als zulässig. Am Montagmorgen räumten die israelischen Sicherheitskräfte eine Synagoge in der sich mehrere Menschen trotz des neuen Verbots zum Gebet versammelt hatten. 

In Bnei Brak stieg die Zahl der bestätigten Fälle vergangene Woche von 30 auf 244. Insgesamt verzeichnet der jüdische Staat bislang 4,247 Infektionen mit COVID-19. Am Sonntag forderte das Virus in Israel sein 15 Opfer. Sollte die Infektionsrate sich in den nächsten Tagen nicht verlangsamen, wird die Regierung eventuell die Auflagen für die Ausgangssperre noch einmal verschärfen. Bislang dürfen Israelis nur in dringenden Fällen, wie etwa für Einkäufe, Arztbesuche und Gerichtsverhandlungen, das Haus verlassen. 

Bild: Polizei führt Ultraorthodoxen in der streng religiösen Nachbarschaft Mea Sharim ab. Quelle: Olivier Fitoussi/Flash90

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