Coronavirus in Israel: Lockdown und wachsender Widerstand
JERUSALEM, 04.09.2020 (DK) – Israel hat einen dramatischen Anstieg von Neuinfektionen mit dem Coronavirus erlebt. Inzwischen verzeichnet das Land weltweit die höchste Zahl an Ansteckungen pro Kopf. Nachdem Anfang dieser Woche mehr als 3000 tägliche Fälle gemeldet wurden, hat die Regierung einen Lockdown in 30 Städten beschlossen. Dabei sind vor allem arabische Gemeinden und ultra-orthodoxe Wohngegenden betroffen, in denen sich nun erneut Widerstand gegen die verordnete Corona-Politik regt. Aufgrund der wachsenden Unruhen sollen die Daumenschrauben angezogen werden. Verteidigungsminister Benny Gantz hat Soldaten im ganzen Land stationiert, um die Ausgangssperren durchzusetzen.
Lockdown zunächst auf eine Woche angesetzt
In gesperrten Gebieten wird die Zufahrt und Ausfahrt verboten. Zudem dürfen sich die Bewohner der Städte nicht mehr als 500 Meter von ihren Häusern weg bewegen. Der öffentliche Nahverkehr wird eingeschränkt und die meisten Unternehmen, sowie Schulen müssen geschlossen bleiben. Vorerst wurde dieser Lockdown auf eine Woche angesetzt, bis neue Entscheidungen im Kabinett getroffen werden.
Der Beauftragte zur Bekämpfung der Pandemie in Israel, Ronni Gamzu, zeigte sich am Donnerstagabend deutlich niedergeschlagen. Seine Idee war es gewesen bereits vergangenen Monat ein sogenanntes “Ampelmodell” einzuführen, welches Israel epidemiologisch in rote, gelbe und grüne Gebiete unterteilt. Aufgrund politischer Rangeleien war diese Entscheidung jedoch wochenlang hinausgezögert worden. Bei einer Pressekonferenz richtete er das Wort an die ganze Nation: „Dies ist eine Botschaft an ganz Israel: Keine Hochzeiten! Keine Massenversammlungen! Keine Ausnahmen [von Richtlinien] in einem Restaurant oder irgendwo anders!“
Sterberate in Israel steigt wieder an
Auch Israels Premierminister Benjamin Netanjahu warnte in einer öffentlichen Erklärung, dass die Sterberate wieder im Anstieg begriffen sei. Die Zahl der Todesfälle liegt bislang bei knapp 1000. Sollten die Zahlen trotz der neuen Maßnahmen weiter steigen, könnte auch ein landesweiter Lockdown drei Wochen lang während der jüdischen Hochfeiertage durchgesetzt werden. Die wirtschaftlichen und politische Folgen eines solchen Schritts sind derzeit noch nicht absehbar.
Bild: Jüdischer Thora-Student in Schutzanzug an der Klagemauer in Jerusalem. Quelle: Olivier Fitoussil/Flash90