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Neue Corona-Maßnahmen treffen auf widerspenstige Bevölkerung und Behörden

JERUSALEM, 09.09.2020 (DK) – In rund 40 israelischen Städten mit hohen Infektionszahlen ist eine nächtliche Ausgangssperre in Kraft getreten. Anstatt wie angekündigt einen Lockdown in epidemiologisch gefährlichen Gebieten durchzuführen, müssen Bürger lediglich nach sieben Uhr abends zuhause bleiben. Doch selbst diese weitaus mildere Maßnahme trifft in der Bevölkerung auf großen Unmut. Ein Großteil der Bürger sind den ständigen Kurswechseln der Regierung längst überdrüssig. Und nicht sie allein: Auch die Behörden in Jerusalem und Beit Shemesh kritisieren die Ausgangssperre als willkürlich. Überall im Land mussten nun Sicherheitskräfte eingesetzt werden, um die neuen Einschränkungen umzusetzen.  

Bürgermeister von Siedlung verweigert offen Kooperation mit Regierung

Der Bürgermeister der Siedlung Beitar Illit erklärte, dass die lokalen Behörden sich nicht an die neuen Regelungen halten werden. „Wir werden der Diskriminierung der ultraorthodoxen Öffentlichkeit keine Beihilfe leisten“, hieß es in einer öffentlichen Erklärung des Rathauses. „Nur in den ultraorthodoxen Gemeinden werden nächtliche Ausgangssperren ohne Unterscheidung zwischen Stadtteilen eingeführt.“ Tatsächlich sind allgemeine Ausgangssperren allerdings hauptsächlich in arabischen Städten durchgesetzt worden.  

Da die Öffentlichkeit immer weniger Bereitschaft zur Kooperation zeigt, könnte das Land bald von noch härteren Maßnahmen getroffen werden. Gesundheitsminister Yuli Edelstein hatte erst kürzlich erklärt, dass ein landesweiter Lockdown während der hohen jüdischen Feiertage vermutlich nicht vermeidbar sei. Mindestens vom 18.-28. September, vermutlich jedoch bis Ende des Sukkot-Festes Anfang Oktober, müssten alle Bürger des Landes wieder in ihren Häusern bleiben. Die Maßnahme würde damit gerechtfertigt, dass das Gesundheitssystem nicht schon vor Anbruch des Winters völlig überlastet sein sollte. 

Israel verzeichnet mehr als 3400 Neuinfektionen innerhalb eines Tages

Täglich hat das Kabinett harte Entscheidungen zu fällen, denn das Coronavirus kommt in Israel nicht zum Stillstand. Ein Rekord jagt derzeit den nächsten. Allein am Montag verzeichnete das Land über 3400 Neuinfektionen. Dennoch scheint die Politik unentschieden. Von innenpolitischen Berücksichtigungen hin und her geworfen, kann vor allem Premierminister Benjamin Netanjahu sich auf keinen klaren Kurs festlegen. Sollten die neuesten Entwicklungen Israel zu einem landesweiten Lockdown zwingen, könnte dies fatale wirtschaftliche und soziale Folgen nach sich ziehen.

Bild: Polizei sperrt Eingang zu Ostjerusalemer Nachbarschaft ab. Quelle: Yonatan Sindel/Flash90

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