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Lockdown in Israel: Die ersten Tage im Ausnahmezustand

JERUSALEM, 21.09.2020 (DK) – In Israel hat am Wochenende der zweite Lockdown begonnen. Ausgerechnet über die jüdischen Hochfeiertage sind die Bürger einmal mehr angehalten, ihre Häuser nicht weiter als im Radius von einem Kilometer zu verlassen. Diese Anordnung trifft auf vielfältigen Widerstand unter den Israelis. Am Strand in Tel Aviv hat sich eine Gruppe von rund zweihundert Menschen versammelt, um in Badekleidung und mit Clubmusik gegen die neuen Einschränkungen zu protestieren. Ultraorthodoxe in Bnei Brak demonstrierten ebenfalls gegen die strengen Corona-Maßnahmen. In Jerusalem fanden sich sogar einige Tausend zu einem Protest vor der der Residenz Benjamin Netanjahus zusammen. Die Abwehrhaltung in der Bevölkerung zeigt, dass der Geduldsfaden israelischer Bürger zum Zerreißen gespannt ist.

Demonstranten fürchten wirtschaftliche Konsequenzen

„Wir glauben nicht an den Sinn einer Sperrung. Es schadet dem Land weit mehr als es uns nützt“, erklärte der Demonstrant Gil Snapir, welcher für den Protest aus Ramat Gan nach Jerusalem angereist war. Viele seiner Mitbürger stimmen ihm zu. Die möglichen wirtschaftlichen Verluste durch den Lockdown wurden auf umgerechnet 1,6 Milliarden Euro beziffert. Es mussten bereits zahlreiche Kleinunternehmen im Land aufgrund der mangelnden Kaufkraft in den vergangenen Monaten schließen.

Corona-Stationen könnten Ende dieser Woche volle Kapazität erreichen

Indes bleibt die Infektionsrate in Israel eine der höchsten in der Welt. Als besonders besorgniserregend bezeichnete der Beauftragte zur Bekämpfung der Pandemie, Ronni Gamzu, die Tatsache, dass am Samstag allein 20 Menschen an der Erkrankung mit dem Virus gestorben seien. Der Sonntag brachte sechs weitere Todesfälle. Bis Ende der Woche vermutet Gamzu, dass die Zahl der ernsthaften Fälle in den Corona-Stationen auf 600 ansteigen würde. Danach sei es den Kliniken nicht mehr möglich, weitere Patienten aufzunehmen.

Regierungschef Netanjahu warnte, dass der Lockdown zwar auf drei Wochen angesetzt sei, jedoch bei mangelnden Ergebnissen verlängert werden könne. Zudem steht zur Diskussion, die bereits geltenden Maßnahmen noch einmal zu verschärfen. Derzeit gelten noch immer einige Ausnahmen, die es Israelis erlauben ihr Haus auch über die vorgegebenen 1000 Meter hinaus zu verlassen. In Netanjahus Warnung liegt auch eine Drohung: Wenn ihr euch nicht an die Regeln haltet, werden die Zügel noch einmal angezogen.

Bild: Corona-Checkpoint zwischen zwei Nachbarschaften in Jerusalem während des Lockdowns. Quelle: Yossi Aloni/Flash90

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