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Forscher setzen im Kampf gegen Antisemitismus auf künstliche Intelligenz

BERLIN / JERUSALEM, 22.09.2020 (DK) – Seit Ausbruch des Coronavirus hat der Antisemitismus weltweit wieder Hochkonjunktur. Wie so oft in Krisenzeiten rücken viele ihre alten Feindbildern zurecht, um einen Sündenbock für die aktuellen Schwierigkeiten zu finden. Im Internet kursieren dabei zahlreiche Verschwörungstheorien, welche die Juden als Drahtzieher hinter der globalen Pandemie wähnen. Ein Team internationaler Forscher will diese oftmals verschlüsselten Hassnachrichten nun entlarven und nachverfolgen. Mit Hilfe künstlicher Intelligenz sollen so potenzielle Täter in Zukunft einfacher aufgespürt werden können. 

Antisemitische Portalbenutzer verschlüsseln ihre Nachrichten

An dem, von der TU Berlin geleiteten Projekt „Decoding Antisemitism“, arbeiten Experten für Diskursanalyse, Computerlinguistik und Historiker. Der Projektleiter Matthias Becker erklärte, dass es besonders wichtig sei, die auf Portalen verwendeten Codes ausfindig zu machen. So ist anstelle von „Jews“ beispielsweise oftmals von „Juice“ die Rede. Auch „Rothschilds“ oder „Soros“ werden als Synonyme für das Wort Juden gebraucht. Aufgrund von Verschwörungstheorien rund um eine angebliche globale Finanzmacht können auch lediglich die Presse oder Wall-Street erwähnt werden.

Der Einsatz künstlicher Intelligenz soll es nun sogar ermöglichen, antisemitische Stereotype in kursierenden Bildern und Comics zu identifizieren. Zudem wird soviel Daten- und Bildmaterial verarbeitet, wie es menschlichen Analysten nicht möglich wäre. Damit nicht mehr Nutzer radikalisiert werden, kann dann schließlich gezielt gegen die Verbreitung bestimmter Texte oder Karikaturen vorgegangen werden. 

Antisemitische Übergriffe sind in Deutschland wieder an der Tagesordnung

Für viele Menschen in Deutschland war der gescheiterte Anschlag auf die Synagoge in Halle im Oktober vergangenen Jahres ein Weckruf. In Israel war das Entsetzen groß. Der Antisemitismus ist nicht nur eine alte Ideologie, sondern auch heute noch in weiten Teilen der westlichen Gesellschaften verankert. Der Bundesverband der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus hat im Jahr 2019 allein in Berlin, Brandenburg, Schleswig-Holstein und Bayern 1253 antisemitische Vorfälle verzeichnet. Es wird davon ausgegangen, dass die Dunkelziffer weit höher ist. 

Bild: Ein Hacker vor dem Hintergrund des Felsendoms in Jerusalem. Quelle: Sliman Khader/FLASH90

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