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2021 – Das antisemitischste Jahr im vergangenen Jahrzehnt

JERUSALEM, 25.01.2022 (NH) – Das Jahr 2021 soll das judenfeindlichste Jahr in den vergangenen zehn Jahren sein. Mit durchschnittlich 10 antisemitischen Vorfällen jeden Tag erreichten die Übergriffe auf Juden neue Rekordzahlen. Doch wahrscheinlich ist die tatsächliche Anzahl an judenfeindlichen Angriffen noch viel höher. Es ist anzunehmen, dass nicht alle Vorfälle den Behörden gemeldet wurden.

Düsterer Antisemitismusbericht für das Jahr 2021

Die düsteren Statistiken wurden von der „World Zionist Organisation“ und der „Jewish Agency“ kurz vor dem Holocaustgedenktag am 27. Januar veröffentlicht. In ihrem jährlichen Antisemitismusbericht zeichnete sich vor allem ein dramatischer Anstieg in Vorfällen wie Graffiti, Schändung, Vandalismus und Propaganda ab. Physische und verbale Gewalt an jüdischen oder als israelisch identifizierbaren Personen machten immer noch fast ein Drittel der Statistik aus. Erfreulich ist bei den dunklen Zahlen jedoch, dass zumindest keine Morde mit antisemitischem Hintergrund verzeichnet wurden.

Jüdische und muslimische Feiertage als Trigger

Einige Ereignisse sollen vor allem im vergangenen Mai zu einem rapiden Anstieg von judenfeindlichen Vorfällen geführt haben. Feiertage, wie das jüdische Wochenfest Schavuot und der Jerusalemtag überschnitten sich 2021 mit muslimischen Festlichkeiten wie Eid al-Fitr, dem Fastenbrechen am Monatsende des Ramadan und dem sogenannten Nakba-Tag, bei dem der Leiden des palästinensischen Volkes nach der israelischen Unabhängigkeitserklärung gedacht wird. Dies sorgte für gewalttätige Ausschreitungen im Heiligen Land. Auch die Debatte wegen der Zwangsräumung palästinensischer Familien von jüdischem Grundbesitz im Ostjerusalemer Viertel Sheikh Jarrah, die Gaza-Operation im Frühjahr und Bürgerkriegsähnliche Unruhen zwischen arabischen und jüdischen Israelis unterstützten den rapiden Anstieg antisemitischer Aggression.

Coronapandemie verstärkt Antisemitismus in Medien

In Europa hoben die meisten Länder Anfang Mai 2021 einige Corona-Maßnahmen langsam wieder auf. Der Antisemitismus, der sich in den vergangenen Wochen und Monaten auf sozialen Medien-Plattformen abzeichnete, machte sich nun auch auf den Straßen bemerkbar. Ein beängstigender Anstieg des Antisemitismus in Bezug auf Verschwörungstheorien wurde verzeichnet. Angeblich verstecke sich hinter der Covid-19-Pandemie eine jüdische Weltverschwörung. Den Theorien folgte die Trivialisierung des Holocaust: Bei Protesten wurde von vielen Menschen der gelbe Stern getragen. Tatsächlich fand fast die Hälfte aller antisemitischer Attacken auf europäischem Boden statt. Dicht gefolgt von der USA, die 30 % der Vorfälle verschrieb.

Weltweiter Judenhass – verbale und physische Gewaltdelikte

Im vergangenen November machte die irische Buchautorin Salley Rooney Schlagzeilen, als sie öffentlich bekundete, ihr neues Buch nicht in hebräischer Sprache zu veröffentlichen. Grund dafür wären die Menschenrechtsverletzungen Israels am palästinensischen Volk, was sie jedoch nicht davon abhielt, ihr Buch im Iran und China zu verkaufen. Ihrer Bekundung folgten Schilder mit der Aufschrift „Normale Menschen boykottieren Israel“, die in ganz London aufgestellt wurden. Auch ein antisemitischer Tweet der BBC-Reporterin Tala Halwa aus dem Jahr 2014, sorgte für einen Aufschrei und führte im Juni 2021 letztendlich zu ihrer Kündigung. Die Reporterin hatte auf ihrem Twitteraccount unter anderem mit den Statements „Hitler hatte Recht“ und „IDF fahre zur Hölle“ für Aufruhr gesorgt.

Amerika schnitt auch dieses Jahr in der Statistik wieder schlecht ab. Im vergangenen Dezember wurde beispielsweise der 21-jährige Jude Blake auf den Straßen Brooklyns in den USA von zwei Passanten brutal geschlagen. Blake trug zu diesem Zeitpunkt einen grünen Pullover mit dem Logo der israelischen Verteidigungsstreitkräfte.

Auch Deutschland machte mit judenfeindlichen Vorfällen Schlagzeilen und verzeichnet deutlich mehr antisemitische Straftaten als in den Jahren zuvor. Neben Hetze gegen Juden und Israelis, wurden auch physische Gewaltdelikte verzeichnet. Der brutale Übergriff auf einen Israeli am S-Bahnhof in Berlin im vergangenen Oktober, die blutige Hassattacke im September auf einen 60-Jährigen bei einer Israelmahnwache in Köln oder die Attacke auf einen Kippaträger einen Monat zuvor in der gleichen Stadt, sind nur ein paar Beispiele des steigenden Antisemitismus weltweit.

UN-Resolution soll Antisemitismus bekämpfen

Die vor vier Tagen in Kraft getretene historische UN-Resolution hat nun internationale Standards zur Definition der Holocaust-Verleumdung aufgestellt. So sollen Programme zur Aufklärung zukünftiger Generationen entwickelt und aktive Maßnahmen zu Bekämpfung von Antisemitismus und Holocaustleugnung ergriffen werden. Die Resolution, die gemeinsam von Israel und Deutschland eingebracht wurde, versucht nun, den schrecklichen Trend des Judenhasses insbesondere in den sozialen Medien zu bekämpfen.

Titelbild: Pro-israelische Demonstranten protestieren in Manhattan, New York City, gegen Antisemitismus. Foto: Luke Tress / Flash90

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