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Corona-Notstand: Drastische Verschärfungen und Kühlcontainer für Leichen

JERUSALEM, 23.09.2020 (TM) – Angesichts dramatisch steigender Corona-Infektionen berät die israelische Regierung über deutlich schärfere Maßnahmen. Fast 7000 Menschen wurden am Dienstag positiv auf das Virus getestet, so viele wie nie zuvor an einem Tag. Immer mehr Hospitäler melden, dass ihre Abteilungen für Covid-19-Patienten voll oder bereits überbelegt sind. Wie dramatisch die Lage ist, zeigt der Befehl an die Armee, ein großes Feldlazarett aufzubauen. Das Gesundheitsministerium hat heute pensionierte Ärzte gebeten, als Freiwillige in den Kliniken auszuhelfen. Die jüdische Beerdigungsgesellschaft Hevra Kadisha bereitet sich auf eine Masse von Todesopfern vor. In Haifa hat sie bereits einen großen Kühlcontainer aufgestellt, in dem eine große Anzahl von Leichen gelagert werden kann. Weitere Kühlcontainer sollen in ganz Israel bereit gestellt werden, berichtet der TV-Kanal 13.

Ein Kühlcontainer für Leichen in Haifa. Die Beerdigungsgesellschaften erwarten eine Flut von Coronavirus-Todesopfern. Foto: Screenshot Channel 13

Bei der heutigen Sitzung des parlamentarischen Corona-Ausschusses hat Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf eine sofortige Verschärfung der Maßnahmen gedrängt. Über das ganze Land wurde bereits ein dreiwöchiger Lockdown verhängt. Dabei dürfen sich Israelis nicht weiter als einen Kilometer von ihren Häusern entfernen. Doch es gibt zahlreiche Ausnahmen, die in den vergangenen Tagen rege genutzt wurden. Mehrere Minister haben nun vorgeschlagen, den nationalen Notstand auszurufen. Dann könnte die Regierung Notregelungen ohne Zustimmung des Parlaments durchsetzen.

Schließung der Synagogen an Yom Kippur

Dass Israel, der einzige Staat der Welt mit einer jüdischen Mehrheit, zum höchsten jüdischen Feiertag Yom Kippur seine Synagogen schließt, war bisher undenkbar. Aber genau das haben die Fachleute des Gesundheitsministeriums nun gefordert. Sie wurden von prominenten Rabbinern unterstützt, die erklärten, der Schutz des Lebens habe Vorrang. Man könne auch im Freien beten.

Ultraorthodoxe Politiker drängten darauf, auch die wöchentlichen Großdemonstrationen zu verbieten. Die Proteste gegen die Regierung Netanjahu hatten zuletzt immer mehr einen Festival-Charakter angenommen. Es wurde bis in den frühen Morgen fröhlich gesungen, getanzt und leicht bekleidet in Jerusalemer Brunnen gebadet. Als einzige Demokratie im Nahen Osten garantiert Israel die Demonstrationsfreiheit. Die Regierung will nun Demos auf Gruppen von maximal 20 Personen beschränken- ebenso viele, wie sich im Freien zum Beten treffen dürfen.

“Demonstration” am Mittelmeer-Strand von Tel Aviv. Soll das verboten werden?
Foto: Miriam Alster/Flash90

Als weitere Maßnahme steht im Raum, den Ben-Gurion-Flughafen für einige Zeit zu schließen. Der öffentliche Nahverkehr mit Bussen und Zügen soll weiter reduziert werden. Kindergärten und Schulen, Hotels und Restaurants sind bereits geschlossen. Privatfirmen könnten nun gezwungen werden, ihr Arbeitsvolumen weiter zu vermindern. Die israelische Wirtschaft steckt wegen Corona bereits in einer tiefen Krise. Nach offiziellen Angaben haben sich derzeit mehr als 836.000 Israelis arbeitslos gemeldet.

Titelbild oben: Ärzte und Pfleger kümmern sich im Sha’are Zedek-Hospital in Jerusalem um einen schwer kranken Covid-19-Patienten. Foto: Nati Shohat / Flash 90

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