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Ultraorthodoxe öffnen Schulbetrieb entgegen den Corona-Maßnahmen

JERUSALEM, 20.10.2020 (DK) – Hunderte ultraorthodoxer Schulen in Israel haben entgegen der derzeit geltenden Corona-Bestimmungen wieder den Betrieb aufgenommen. Die Regierung kündigte erst kürzlich an, dass die Schulen auch nach Ende des Lockdowns weiterhin geschlossen bleiben müssten, um die Ausbreitung der Pandemie einzudämmen. Die schnelle Eröffnung der Bildungseinrichtungen wurde von zahlreichen Experten als mitverantwortlich für die zweite Corona-Welle im Sommer erklärt. Trotz des offenen Widerstandes gegen staatliche Maßnahmen, greifen die Sicherheitskräfte nur unzureichend durch. Es scheint, dass die Regierung einen Aufstand der Strengreligiösen fürchtet. Die Angriffe auf Polizisten in ultraorthodox geprägten Wohnvierteln haben sich jüngst gehäuft.

Gesundheitsminister droht Schulleitern mit hohen Bußgeldern

Gesundheitsminister Yuli Edelstein räumte bei einem Interview mit dem Armee-Radiosender ein, dass die Behörden die Öffnung nicht verhindern konnten. Er versprach jedoch, sich persönlich für die Durchsetzung der Regelungen einzusetzen. Bei Verstoß soll die Schulleitung in Zukunft ein Bußgeld in Höhe von umgerechnet 1.200 Euro bezahlen müssen. Zudem sollen zwischenzeitlich staatliche Zuschüsse zurückgehalten werden. Es handelt sich bei den geöffneten Institutionen nicht nur um Grund- und weiterführende Schulen, sondern auch um sogenannte Jeschiwas, Thoraschulen für junge Männer. Dort studieren oftmals Hunderte Ultraorthodoxe dicht aneinander gedrängt in engen Räumlichkeiten. 

Die Schulen waren auf Geheißdes bekannten Rabbiners Chaim Kanievsky wiedereröffnet worden. Der 92-Jährige ist selbst an Corona erkrankt, besteht jedoch darauf, alle Traditionen der streng religiösen Lebensweise trotz der Ausnahmesituation beizubehalten. Sein Ratschlag wird dabei von vielen seiner Glaubensgenossen begrüßt. In der ultraorthodoxen Bevölkerung herrschte schon vor der Coronakrise eine allgemein verbreitete Skepsis gegenüber den weltlichen Autoritäten. Das starke Eingreifen der Polizei in ihren Wohngebieten während der vergangenen Monate hat dieses Misstrauen weiter verstärkt. 

Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus sinkt drastisch

Trotz der Missachtung von Corona-Regelungen scheint sich der Lockdown auf gesundheitlicher Ebene ausgezahlt zu haben. Am Montag verzeichnete das Gesundheitsministerium nur noch 1.526 Fälle. Noch vor wenigen Wochen hatte das Land mit über 9000 Neuinfektionen pro Tag den Höhepunkt der Krise erreicht. Die Zahl der Todesopfer liegt inzwischen bei 2.260. 

Bild: Eine ultraorthodoxe Frau holt zwei Kinder am 19. Oktober 2020 von der Schule ab. Quelle: Yonatan Sindel/Flash90

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