Ultraorthodoxe liefern sich Straßenschlacht mit der Polizei
JERUSALEM, 08.12.2020 (TM) – Mehrere Tausend Ultraorthodoxe haben sich in der Nacht zum Dienstag eine Straßenschlacht mit der Jerusalemer Polizei geliefert. Sie blockierten Verkehrsknoten und legten Feuer. Anlass des Protests war der geplante Bau einer neuen Straßenbahnlinie durch ihre Wohnviertel. Die Polizei nahm 25 der Strenggläubigen fest, von denen sich einige mit Messern, Stöcken und Pfefferspray bewaffnet hatten.
Fahrzeuge und Container angezündet
Die Demonstranten blockierten zunächst eine wichtige Kreuzung in Jerusalem. Dann stießen einige Ultraorthodoxe die Zäune an der Baustelle der Stadtbahn um. Sie steckten städtische Arbeitsfahrzeuge und Müllcontainer in Brand. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, um die Menge zu zerstreuen. Auch die Pferdestaffel war vor Ort.
Die Organisatoren der Demo versicherten, dass sie keine Straßenbahn in ihren Stadtvierteln dulden werden. „Die ultraorthodoxen Einwohner Jerusalems werden keine Ruhe geben, bis diese schreckliche Entscheidung aufgehoben wurde“, heißt es in einer Erklärung.
Jerusalem hat derzeit nur eine Stadtbahnlinie. Sie wurde 2011 in Betrieb genommen und verbindet den Herzlberg mit Pisgat Ze‘ev im Osten der Stadt. Nach anfänglicher Skepsis wurde die Bahn von den Jerusalemern gut angenommen. Mittlerweile sind die Züge ausgelastet. Vier weitere Linien sind geplant, doch die stoßen in mehreren Wohnvierteln auf Ablehnung.
Abgrenzung soll bleiben
Die Ultraorthodoxen („Haredi“, „Gottesfürchtige“) stellen rund 15 Prozent der israelischen Bevölkerung. Sie prägen ganze Stadtteile, in denen sie weitgehend abgeschottet leben – und das soll so bleiben. Viele Männer widmen sich ganz dem Thora-Studium. Über die Hälfte der Familien lebt unterhalb der Armutsgrenze. Sie haben ihre eigenen ultraorthodoxen Parteien, die Mitglied der Regierungskoalition sind und deshalb über erheblichen Einfluss verfügen. Der Staat Israel hat immer wieder betont, er müsse auch für die Anhänger der konservativsten Strömung des Judentums offen sein und ihnen Schutz und Unterstützung bieten.
Bild: Grenzpolizisten gehen gegen die ultraorthodoxen Demonstranten vor, die dicht gedrängt und überwiegend ohne Maske protestierten. Foto: Yonathan Sindel / Flash 90