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Israel kritisiert Europäischen Gerichtshof für Verbot des koscheren Schlachtens

BRÜSSEL / JERUSALEM, 18.12.2020 (TPS / TM) – Scharfe Kritik am Europäischen Gerichtshof (EuGH) haben die israelische Regierung und jüdische Menschenrechtsorganisationen geübt. Das höchste europäische Gericht hatte am Donnerstag entschieden, dass das belgische Verbot des koscheren Schlachtens rechtmäßig ist. Die EU-Staaten dürfen demnach auch für rituelle Schlachtungen die Betäubung eines Tieres vorschreiben. Mit dieser Entscheidung führe der EuGH einen Religionskrieg gegen die jüdische Bevölkerung in Europa, hieß es aus Israel. In Belgien hat die Region Flandern 2017 die jüdischen und muslimischen Schlachtmethoden aus Tierschutzgründen verboten. Jüdische und muslimische Verbände hatten dagegen geklagt.

Das rituelle Schlachten von Tieren erfordert, dass sie bei Bewusstsein sind, wenn ihnen mit einem Schnitt die Kehle durchgeschnitten wird. Wird dies fachgerecht ausgeführt, verlieren sie innerhalb von Sekunden das Bewusstsein. Eine Praxis, die Tierschützer für grausam halten. Jüdische Fachleute argumentierten dagegen, diese Art des Schlachtens sei für die Tiere schonender als die mechanisierten Methoden, die in nicht koscheren Schlachthöfen angewendet werden. Koscheres Fleisch darf in Europa weiterhin importiert werden. Aber die Lieferkette ist nicht ausreichend, um die jüdische Bevölkerung zu versorgen.

Jüdisches Leben in Europa unerwünscht“

Das israelische Außenministerium kommentierte das Urteil so: „Abgesehen von der Tatsache, dass diese Entscheidung die Religionsfreiheit in Europa, einen Kernwert der EU, beeinträchtigt, signalisiert sie den jüdischen Gemeinden, dass die jüdische Lebensweise in Europa unerwünscht ist.“

In einer Reaktion auf das Urteil unterstrich Yifa Segal, Leiterin des „International Legal Forum“, dass das Urteil das jüdische Leben auf dem europäischen Kontinent in sein Ende treibe. „Wir erleben einen tragischen und schwierigen Moment. Er könnte dazu führen, dass sich die jüdischen Gemeinden in Europa, die die Gebote beachten, weiter leeren“, erläuterte sie gegenüber der Jerusalemer Nachrichtenagentur TPS. „Wir möchten glauben, dass der Europäische Gerichtshof diese schrecklichen Auswirkungen nicht verstanden und daher die Auswirkungen auf die jüdische Lebensweise fast gleichgültig abgetan hat“, erklärte Segal.

Das Gericht argumentierte, die Religionsfreiheit werde durch das Gebot des koscheren Schlachtens nicht unverhältnismäßig verletzt. Zudem beruhe das belgische Verbot auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Yifa Segal hält beide Aussagen für falsch. Forscher hätten keinen signifikanten Unterschied für dass Tierwohl bei den verschiedenen Schlachtarten gefunden. Andererseits sei aber der Schaden für das jüdische Leben enorm. Die Fleischindustrie sei in der Tat „voller Mängel und Schrecken“. Es sei aber falsch, deshalb die Juden ins Visier zu nehmen und einzuschränken. Der Europäische Gerichtshof habe den Weg geebnet für weitere europäische Länder, die nun dem belgischen Beispiel folgen werden. 

Rabbiner: Antireligiöse Maßnahme

Die Konferenz der europäischen Rabbiner hatte zuvor festgestellt, dass das belgische Verbot eine „antireligiöse Maßnahme“ und „ein Verstoß gegen die europäischen Werte“ sei. Auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sprach von einem Angriff auf die Religionsfreiheit.

Bild: Eine Schafherde auf den Golanhöhen. Schafe gehören zu den Tieren, deren Fleisch Juden essen dürfen. Voraussetzung ist, dass die Tiere nach den Vorschriften des Religionsgesetzes geschlachtet werden. Foto: Maor Kinsbursky/ Flash 90

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