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Widerstand gegen den neuen Lockdown in Israel wächst

JERUSALEM, 28.12.2020 (TM) – In Israel hat am Sonntagabend der neue landesweite Lockdown zur Eindämmung des Coronavirus begonnen. Es ist bereits das dritte Mal innerhalb von zehn Monaten, dass das öffentliche Leben heruntergefahren wird. Die Polizei hat 380 Straßensperren errichtet, an denen kontrolliert wird, ob die Ausgangsbeschränkungen eingehalten werden. 6000 Ordnungshüter sind im Einsatz. Verstöße gegen die Regeln werden mit Bußgeldern in Höhe von 500 Schekeln (rund 125 Euro) geahndet. Doch der Widerstand gegen den Lockdown wächst. Ladeninhaber haben massive Proteste und zivilen Ungehorsam angekündigt.

Warnung vor Blutvergießen

Die Unternehmer, die die Hauptlast des Lockdowns tragen müssen, sind empört. „Ich glaube nicht, dass die Geschäfte während dieser Sperrung schließen werden“, erklärte Ilan Ben-Harosh, der ein Elektronikgeschäft im Zentrum Jerusalems besitzt, gegenüber der Zeitung Jerusalem Post: „Die Menschen haben bei der ersten und zweiten Sperrung zusammengearbeitet. Aber jeder sieht den neuen Lockdown als einen politischen Schritt an, der von Menschen berechnet wird, die in der Knesset 50.000 Schekel pro Monat verdienen. Ich fürchte, es wird Unruhen auf den Straßen geben, sogar Blutvergießen.“

Danielle Barak, die ein Bekleidungsgeschäft in Kiryat Bialik besitzt, klagte im israelischen Fernsehen: „Ich weiß nicht, ob ich finanziell überleben kann. Ich habe hohe Schulden und kein Einkommen. Ich sehe einfach kein Licht am Ende des Tunnels.“

„Ich kann nicht wieder schließen“, unterstrich Pilates-Studiobesitzerin Ella Eilon gegenüber dem Sender Channel 12. „Ich muss meinen Lebensunterhalt verdienen, es ist ein Grundrecht und ich kann es nicht aufgeben. Bei jeder Sperrung verliere ich Kunden. Wir haben die Aktivität bereits erheblich reduziert, was bedeutet, dass mein Lebensunterhalt selbst dann beeinträchtigt wird, wenn wir wieder öffnen können.“

Das Finanzministerium und die israelische Staatsbank haben ausgerechnet, dass der neue Lockdown rund 2,5 Milliarden Schekel (636 Millionen Euro) pro Woche kosten wird. Israels oberster Corona-Manager Nachman Ash hat bereits deutlich gemacht, dass der neue Lockdown länger als die nun beschlossenen zwei Wochen dauern müsse, um wirksam zu sein.

Experten: Maßnahmen zu locker

Währenddessen halten Gesundheitsexperten die Maßnahmen für zu lasch. Wenn viele Menschen weiterhin zur Arbeit und die Kinder zur Schule gingen, sei das kein echter Lockdown. Die Regierung hatte kurzfristig ihren bisherigen Plan geändert und die Schulen für die Klassen 5 bis 11 offen gehalten. Das stieß auf heftige Kritik von Gesundheitsminister Juli Edelstein. Das Öffnen der Schulen verlängere den Lockdown, argumentierte er.

In einer aktuellen Umfrage machen 54 Prozent der Israelis die Regierung dafür verantwortlich, dass Israel erneut weitgehend stillgelegt wird. Zuletzt waren täglich mehr als 3000 Corona-Neuinfektionen gemeldet worden. In Jerusalem erklärten am Wochenende die ersten Kliniken, dass sie keine neuen Covid-19-Patienten mehr aufnehmen können.

Foto: Ein Ladenbesitzer in Jerusalem macht sein Geschäft dicht – bereits zum dritten Mal in diesem Jahr. Foto: Yonatan Sindel / Flash 90

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