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Aufruhr um Sauerteig in Krankenhäusern zum Pessachfest

JERUSALEM, 11.01.2021 (TG) – Ultraorthodoxe Abgeordnete des israelischen Parlaments haben erfolglos versucht, das Mitbringen von Essen mit Chametz (Sauerteig) in israelischen Krankenhäusern während des Pessachfestes verbieten zu lassen. Während des Festes, das Ende März stattfindet, verbieten die religiösen Regeln den Verzehr von jeglichem Essen, das Sauerteig enthält. Das Oberste Gericht lehnte die Petition ab und weigerte sich, eine neue Anhörung zum dem Thema durchzuführen.

Unverschämte Richter“

Der Zorn unter den Ultraorthodoxen ist groß. Ihrem Verständnis nach ist es „unmöglich, dass Krankenhäuser im jüdischen Staat nicht dazu verpflichtet sind, Chametz aus ihren Räumlichkeiten zu verbannen“, so Innenminister Aryeh Deri. Ein anderer Abgeordneter nannte die Richter „unverschämt“. 
Das Oberrabbinat erklärte, dass der Beschluss die allgemeine Gesundheit der Öffentlichkeit gefährde. Traditionelle Menschen würden nicht in Krankenhäuser gehen, wenn sie dort kein „pessachgerechtes“ Essen vorfinden würden. Der Beschluss sei ein „kritischer Schlag für alle Bürger.“
Das Oberste Gericht weigerte sich, die Petition zu akzeptieren, da sie das Grundrecht auf individuelle Autonomie und das Grundrecht der Religionsfreiheit einschränke. Da Israel ein demokratischer Staat sei, hätten Krankenhäuser keine Befugnis, diese Rechte zu verletzten. 
Deshalb dürften Krankenhäuser ihren Besuchern nicht vorschreiben, welches Essen sie mitbringen dürfen. Auch die Wächter am Eingang hätten kein Recht, die persönlichen Gegenstände von Besuchern auf Essen hin zu untersuchen.

Wenn die Krankenhäuser diese Regelung umsetzen, riskieren sie, ihr offizielles Kosher-Zertifikat zu verlieren. 

Ein Fest mit Unstimmigkeiten 

An Pessach werden traditionell keine Lebensmittel mit Chametz gegessen. Hintergrund ist der Auszug des Volkes Israel aus Ägypten. Der ging so schnell vor sich, dass die Israeliten keine Zeit hatten, Sauerteig anzusetzen. Deshalb müssen während des Festes alle Speisen ohne Sauerteig zubereitet werden. Bereits mehrere Wochen vor Pessach beginnen Juden, das ganze Haus zu putzen, bis kein Sauerteig mehr zu finden ist. Vor dem Sederabend, der das Fest eröffnet, werden die Sauerteigreste symbolisch verbrannt.
Was an Pessach gegessen werden darf, führt seit Jahren immer wieder zu Unstimmigkeiten zwischen orthodoxen und säkularen Juden in Israel. Dabei geht es auch um die grundsätzliche Frage, wie verbindlich religiöse Vorschriften in einem „jüdischen Staat“ für nicht- oder andersgläubige Bevölkerungsgruppen sein sollen.

Bild: Vor dem Pessachfest reinigen jüdische Männer Geschirr und Besteck in heißem Wasser, um letzte Sauerteig-Spuren zu beseitigen. Foto: Gershon Elinson/Flash90

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