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„Chametz-König“ – Wie ein Araber während des Pessachfestes zum Multimillionär wird

JERUSALEM, 23.04.2024 (TM) – Pessach ist für den Araber Hussein Jaber (59) aus Abu Gosh ein besonders Fest: Es macht ihn für eine Woche zum Millionär.

Hussein Jaber, der im Ramada-Hotel in Jerusalem arbeitet, ist der Mann, der jedes Jahr vor Pessach das gesamte israelische Chametz (gesäuerte Produkte aus Getreide) kauft. Das ist eine wichtige Aufgabe, die bei der Vorbereitung des Pessachfestes eine große Rolle spielt. Wenn das Fest vorbei ist, gibt er alles zurück – und zwar durch eine komplizierte und feierliche Transaktion.

Alle Sauerteig-Produkte, Chametz genannt, müssen zu Pessach aus jüdischen Haushalten und Firmen verschwinden. Es ist Juden nicht erlaubt, in dieser Zeit Chametz zu essen, ja nicht einmal, ihn zu besitzen. Deshalb werden Wohnungen peinlich genau gereinigt. Aber wohin mit den ganzen Lagerbeständen? Hier kommt Hussein Jaber ins Spiel.

Chametz wird verkauft

Gemäß jüdischer Tradition werden alle Getreideprodukte vor Pessachbeginn an einen Nichtjuden verkauft, sodass sie nicht länger im eigenen Besitz sind. Als Muslim kauft Hussein Jaber für die Dauer von jeweils acht Tagen alle Getreideprodukte des Landes auf, sämtliches gesäuertes Brot sowie Kuchen, Kekse, Nudeln und sogar Bier. Die gesäuerten Produkte sind geschätzte 230 Millionen Euro wert. In Israel bezeichnet man ihn deshalb als Chametz-König.

Eine jüdische Frau führt mit einer Kerze ein Ritual durch, bei dem sie nach dem Reinigen der Wohnung nach Sauerteigresten sucht. Foto: Dor Pazuelo/Flash90

Gegenüber Fokus Jerusalem erklärte er, wie das abläuft: „Genau genommen kaufe ich alle Getreideprodukte des Staates Israel, und zwar im Beisein des Oberrabbiners und des Finanzministers. Damit alles seine Ordnung hat, muss ich auch einen Vorschuss aus meinem eigenen Kapital in Höhe von 20.000 Schekeln, rund 5.000 Euro, leisten. Dadurch gehen die Produkte im Wert von vielen Millionen Euro in meinen Besitz über.“

Acht Tage Multimillionär

Tatsächlich wird Hussein Jaber dadurch für acht Tage zum Multimillionär. Allerdings hat die Sache einen Haken: Der Kaufvertrag würde erst dann als vollständig erfüllt gelten, wenn er innerhalb der acht Tage die gesamte Kaufsumme aufbringen könnte. Das kann er nicht. Und so fällt nach Ablauf der Pessach-Woche das Eigentum wieder an den Staat und an die ursprünglichen Eigentümer zurück. Während dieser Zeit besitzt Hussein jedoch die Eigentumsrechte. Theoretisch könnte er die Chametz-Produkte einsammeln und darüber verfügen. Aber das tut er nicht, er gilt als vertrauenswürdig. Deshalb wurde er für dieses Amt ausgewählt.

Das aufwendige Prozedere mag befremdlich wirken, dahinter steht jedoch der ernsthafte Wunsch, die Gebote zu befolgen. Obwohl es für Hussein Jaber jedes Jahr Arbeit und Verantwortung bedeutet, nimmt er keine Bezahlung an: „Ich sehe meine Arbeit als Teil einer Brücke zwischen Arabern und Juden. Am Vorabend des Pessach-Festes sind wir einige Stunden mit dem Verkaufen und Kaufen beschäftigt, und am Ende kommen nochmals einige Stunden zusammen.“

Alle 7 Jahre Großgrundbesitzer

Doch damit nicht genug: Alle sieben Jahre, im sogenannten Schmita-Jahr, dürfen jüdische Landwirte ihre Felder nicht bestellen. Sie sollen brach liegen. Aber das ist vermeidbar. Die Juden können ihr Land für ein Jahr an einen Nichtjuden verkaufen. Dann ist es nicht mehr in jüdischem Besitz und darf bearbeitet werden. Und dieser Nichtjude ist Hussein Jaber. Der besitzt dann vorübergehend jede Menge Grundstücke, Felder und ganze Herden von Rindern, Schafen und Ziegen, was ihn zum reichsten Mann Israels macht – bis das Schmita-Jahr vorüber ist.

Titelbild: Israels aschkenasischer Oberrabbiner David Lau, Israels sephardischer Oberrabbiner Yitzhak Yosef und Finanzminister Bezalel Smotrich verkaufen den Chametz des Staates Israel an Hussein Jaber (Mitte). Foto: Chaim Goldberg / Flash 90

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