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ZAKA-Chef: Corona-Leugner haben Blut an ihren Händen

JERUSALEM, 22.01.2020 (TM) – Yehuda Meshi-Zahav ist Gründer und Vorsitzender des Rettungsdienstes ZAKA. Der ultraorthodoxe Jude ist in Israel hoch angesehen, der Umgang mit dem Tod gehört für ihn zum Alltag. Nachdem nun seine Mutter Sarah (80) an Covid-19 starb, platzte dem 61-Jährigen der Kragen. Rabbiner, die die Gefahr durch das Coronavirus leugneten und sich gegen Schutzmaßnahmen in ihren Gemeinden aussprachen, hätten „Blut an ihren Händen.“ 

Laxer Umgang mit tödlicher Gefahr

Bereits im Oktober hatte Meshi-Zahav den laxen Umgang mit dem Virus in vielen ultraorthodoxen Gemeinschaften angeprangert. Die autoritären Strukturen innerhalb der Gemeinden führten dazu, dass Warnungen und Berichte über die Schwere der Krankheit auf taube Ohren stießen, solange die führenden Rabbiner dazu schwiegen.

Die Ultraorthodoxen in Israel leiden überproportional unter dem Coronavirus. Die Infektionsraten in vielen ultraorthodoxen Gebieten sind um ein Vielfaches höher als in anderen Wohngegenden. Bis Dienstag waren 22,1 Prozent der täglichen Tests aus ultraorthodoxen Wohngebieten positiv, verglichen mit 9,2 Prozent in der Allgemeinbevölkerung.

„Ich arbeite jeden Tag mit dem Tod“, machte Meshi-Zahav in einem Interview mit der Online-Zeitung „Times of Israel“ deutlich. Seine Freiwilligen-Organisation ZAKA birgt die Leichen von jüdischen Unfallopfern, um eine Beerdigung nach den religiösen Vorschriften zu ermöglichen. „Aber nichts bereitet dich auf das Gefühl des Verlustes vor, wenn es deine eigene Familie betrifft.“

Rabbiner haben das Sagen

„Es gibt Gemeindeleiter, die Blut an den Händen haben, und es ist das Blut meiner Mutter und vieler anderer“, bekräftigte Meshi-Zahav. Bei einer Chanukka-Feier Ende vergangenen Jahres habe sie sich mit dem Coronavirus angesteckt. Er habe damals alles unternommen, um dieses Fest zu verhindern – vergeblich. Im Stadtteil Mea Shearim, wo seine Eltern lebten, genössen die Rabbiner mehr Autorität als der Staat. Einige von ihnen genehmigten Regelverstöße und spielten die Virusbedrohung herunter, beklagte er sich: „Die Menschen nehmen den Ernst der Lage einfach nicht wahr und die Führer leben auf einem anderen Planeten.“ Als seine Mutter sich zu der Feier entschloss, habe sie ihm einfach nicht geglaubt, wie gefährlich das Virus sei.

Wenn die Polizei versucht, Maßnahmen wie Schulschließung, Abstand und Maskenpflicht durchzusetzen, kommt es in den Städten und Gemeinden der Strenggläubigen immer wieder zu handgreiflichen Auseinandersetzungen. Solche Vorfälle wurden in dieser Woche aus Bnei Brak, Jerusalem und Beit Shemesh gemeldet. 

Rabbiner könnten ihre Kanzeln nutzen, um Leben zu retten. Viele tun dies aber nicht, klagte Meshi Zahav: „Die Aufgabe der Gemeindevorsteher besteht nicht nur darin, Positionen zum jüdischen Recht zu vertreten“, unterstrich er, „sondern den Menschen zu zeigen, wie sie leben und die Gesundheit der Gemeinde schützen können.“

UPDATE: Der Vater von Yehuda Meshi Zahav, Rabbi Menachem Mendel Meshi Zahav, ist am Freitagnachmittag an Covid-19 gestorben.

Bild: Yehuda Meshi-Zahav ist der Vorsitzende von ZAKA. Die freiwilligen Helfer seiner Organisation sind medizinische Ersthelfer. Sie bergen aber auch Leichen und Leichenteile jüdischer Opfer. Foto: Tommy Mueller / Fokus Jerusalem

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