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Israelische Forscher: Bionische Chips ersetzen Tierversuche

JERUSALEM, 09.03.2021 (TPS/TM) – Ein Forscherteam unter der Leitung von Professor Yaakov Nahmias von der Hebräischen Universität Jerusalem hat eine neuartige Technologie entwickelt. Sie ermöglicht es, schnell neue Medikamente herzustellen, ohne dass dafür Tierversuche erforderlich sind. Kernstück ist ein Chip, der menschliches Gewebe mit mikroskopischen Sensoren enthält, um die Reaktion des menschlichen Körpers – Niere, Leber und Herz – auf bestimmte Arzneimittelbehandlungen genau zu überwachen.
Die Idee der Organ-auf-Chip-Technologie ist 30 Jahre alt. Aber das israelische Wissenschaftler-Team ist das erste, das erfolgreich eine neue Behandlung mit den Fähigkeiten des Chips entwickelt hat, wobei Tierversuche vollständig überflüssig waren.
Probleme mit Nagetieren
„Die Arzneimittelentwicklung ist ein langwieriges und teures Unterfangen, das durch zahlreiche Misserfolge gekennzeichnet ist. Der Hauptgrund für diese Misserfolge ist, dass klinische Experimente letztendlich auf minimalen Informationen basieren, die aus Tierversuchen gewonnen wurden. Die geben die menschliche Reaktion aber oft nicht genau wider“, machte Professor Nehemias deutlich. Zur Arzneimittelentwicklung würden meist Nagetiere, Mäuse und Ratten genutzt – Tiere mit einer anderen Genetik, Physiologie und einem anderen Stoffwechsel als Menschen. Deshalb schlügen erfolgreiche Therapien bei Nagetieren in klinischen Studien bei Menschen dann häufig fehl.
„Was unsere Technologie einzigartig macht, ist, dass wir über das hinausgehen können, was mit Tierversuchen jemals möglich war. Wir können jetzt Mikrosensoren einsetzen, die uns in Echtzeit Informationen darüber liefern, wie Medikamente wirken und wann sie nicht mehr wirken“, unterstrich der Forscher.
Mithilfe ihrer neuen Technologie konnten die Wissenschaftler zeigen, dass ein häufig verwendetes Krebsmedikament, Cisplatin, eine gefährliche Fettansammlung in den menschlichen Nieren verursacht. Anschließend konnten sie diese Chemotherapie mit einem anderen Medikament, Empagliflozin (Jardiance), kombinieren, um die Absorption von Zucker in den Nieren zu begrenzen, den Schaden durch Fettaufbau zu verringern und den Nierenschaden bei Krebspatienten während der Therapie zu minimieren.
Neue Methode ist schneller und billiger
„Dies hat gezeigt, dass wir diese Technologie verwenden können, um Tierversuche zu umgehen. Das kann zu einer schnelleren, sichereren und effektiveren Arzneimittelentwicklung führen. Ein Medikament an den Punkt klinischer Studien zu bringen, dauert normalerweise vier bis sechs Jahre, Hunderte von Tieren und kostet Millionen von Dollar. Wir haben es in acht Monaten ohne ein einziges Tier und zu einem Bruchteil der Kosten geschafft“, so der Professor, der an der Hebräischen Universität die Abteilung für Bio-Ingenieurwesen leitet.
Die von Professor Nehemias gegündete Firma „Tissue Dynamic“ treibt nun klinische Tests voran und arbeitet an der behördlichen Zulassung bestimmter Medikamente für neue Krebsbehandlungen.

Bild: Professor Yaakov Nahmias (rechts) und der Forscher Aaaron Cohen mit dem Chip, der Reaktionen des menschlichen Körpers simuliert. Foto: Hebräische Universität Jerusalem

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