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Geheimer Tunnel der katholischen Kirche auf dem Zionsberg in der Kritik

JERUSALEM, 11.03.2021 (TM) – Die katholische Kirche hat auf dem Zionsberg einen 150 Meter langen unterirdischen Tunnel graben lassen, um eine Kirche und ein Gästehaus miteinander zu verbinden. Das berichtet die israelische Organisation Regavim. Sie kritisiert das „illegale Bauwerk“ scharf. Vorwürfe richten sich auch gegen die Jerusalemer Stadtverwaltung, die von dem Tunnel gewusst, aber nichts dagegen unternommen habe. 

Antike Überreste gefährdet

Regavim hat in dieser Woche beim Jerusalemer Bezirksgericht Klage gegen die Stadtverwaltung eingereicht, weil sie die Existenz des Tunnels verschleiert habe. Er beginnt bei der Dormitio-Abtei, einer der größten und bekanntesten katholischen Kirchen, südlich der Altstadtmauern. Der Tunnel wurde laut der Organisation mitten durch ein historisches Denkmalschutzgebiet gegraben, offenbar ohne Rücksicht auf dort lagernde archäologische Überreste. Unter dem Gebiet befinden sich viele Ruinen aus der Zeit von König David, der Hasmonäer-Dynastie und dem Ersten Tempel. Der Tunnel könnte sie möglicherweise beschädigt oder zerstört haben. Naomi Linder-Kahn von Regavim sprach von einem „Epizentrum der jüdischen Geschichte“, das betroffen sei. 

Erst nach zwei Jahren des rechtlichen Drucks hat die Stadt Jerusalem das Vorhandensein des Tunnels zugegeben. Sie war gezwungen, seinen Weg zu kartieren. Er verbindet die Dormitio-Abtei mit einem anderen Gebäude im Besitz der katholischen Kirche, dem „Haus Joseph“. Das wurde vor Jahrzehnten als Gästehaus für Studenten und Besucher errichtet. Offenbar wollte die Kirche ihnen nicht zumuten, bei Sonne und Regen durch die engen Gassen der Altstadt zu gehen, vermutet die Regavim-Sprecherin. 

Ohne Genehmigung gebaut

In einer Mitteilung von Regavim heißt es dazu: „Unsere Untersuchung ergab, dass sich auf dem Weg des Tunnels unterirdische Räume mit antiken Artefakten befinden und der Tunnel selbst in erheblichem Maße in öffentliches Eigentum eingreift. Dieser illegale Durchgang wurde ohne Genehmigung ausgegraben. Er verstößt gegen bestehende Planungsvorschriften und das israelische Gesetz zum Schutz archäologischer Stätten. Der Bau wurde nicht, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist, von israelischen Ingenieuren oder Archäologen überwacht.“

Zudem habe die Stadtverwaltung der Kirche keine Arnona (kommunale Grundsteuer) berechnet. Von allen anderen Einwohnern der Stadt werde erwartet, dass sie diese und andere Steuern und Abgaben bezahlen, ansonsten müssten sie mit hohen Strafen rechnen.

Wann der Tunnel, der größtenteils unter einer öffentlichen Straße verläuft, gebaut wurde, ist unklar. „Wir wollten von der Stadtverwaltung wissen, wie sicher er ist, haben aber keine Antwort bekommen“, so Naomi Linder-Kahn. Nun muss sich das Gericht mit der Angelegenheit befassen. Schließlich gelte das Gesetz in Israel für alle Bürger und alle Religionsgemeinschaften gleichermaßen, unterstrich die Organisation.

Bild: Der Tunnel verläuft unter dieser öffentlichen Straße, die Karte zeigt seinen Verlauf. Foto: Regavim

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