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Die Tänzerin im Rollstuhl: Gib niemals auf!

JERUSALEM, 30.03.2021 (TM) – Vital Zinger ist eine der weltbesten lateinamerikanischen Profitänzerinnen im Rollstuhl. Vor allem aber ist sie eine Kämpferin. Im Alter von fünf Jahren erkrankte sie schwer und konnte nicht mehr gehen. Doch sie hat niemals aufgegeben: „Wir gehen zu Wettkämpfen, wo rund 300 der Toptänzer sind, wir tanzen auf den wichtigsten und größten Bühnen der Welt, wir repräsentieren Israel, wir hören die Nationalhymne, wenn wir gewinnen“, erklärt sie im Interview mit Fokus Jerusalem.

Auf dem Parkett immer an ihrer Seite ist Tanzpartner Sean Ziv, der nicht im Rollstuhl sitzt. Er harmoniert perfekt mit Vital: „Wir tanzen schon seit elf Jahren zusammen. Ich habe absolut ‚Ja‘ gesagt, als ich Vital als Tanzpartner vorgestellt wurde – wir kannten uns vorher nicht. Es war eine Liebesgeschichte. Vier Monate, nachdem wir begonnen hatten zu tanzen, waren wir in Hannover, in Deutschland, bei der Weltmeisterschaft. Wir haben auf Anhieb den vierten Platz belegt. Wir tanzen zusammen, wir lachen gemeinsam, wir sind in den Jahren zu einer Einheit geworden. Ich kann kaum in Worte fassen, wie erhebend das Tanzen mit Vital für mich ist.“

Leidenschaftliche Sportlerin

Vital Zinger ist aber nicht nur eine Profitänzerin im Rollstuhl. Sie ist Rechtsanwältin und setzt sich für Barrierefreiheit in Israel ein. Vor Corona hielt sie weltweit Vorträge, doch dieser Teil ihres Lebens endete abrupt mit dem Beginn der Pandemie.

Vital Zinger kann an Krücken gehen. Diese tauschte sie vor Jahren aber gegen den Rollstuhl ein, weil sie so viel aktiver sein und neue Sportarten erlernen konnte: „Ich erfüllte mir meinen Kindheitstraum, als ich zwölf Jahre alt war. Jetzt kann ich meine Leidenschaft für Sport mit dem Tanzen verbinden. Ich habe viele Sportarten gelernt, das kommt mir jetzt für meine Athletik zu Gute. Ich liebe die Wettkämpfe, ich liebe das Tempo, die Freiheit des Augenblicks und ich liebe es, mit Sean eine Geschichte auf das Parkett zu bringen.“

Sean arbeitete als Wissenschaftler im Bereich Biologie, bevor er in Tel Aviv Tanzlehrer wurde. Auch er sprüht vor Elan und Optimismus: „Ich hoffe, es wird bald wieder Wettkämpfe geben. In der Zwischenzeit haben Vital und ich einige Projekte, denn wir haben es im Blut – wir können nicht still sitzen und nichts tun. Deshalb tanzen wir! Wir versuchen zum Beispiel demnächst einen Weltrekord zu brechen: Tanzen auf dem höchsten Gebäude in Israel.“

Ich bin gesegnet“

Vital hadert nicht mit ihrem Schicksal: „Ich bin gesegnet, dass ich zu anderen Menschen sprechen kann, vielleicht können sie sich etwas abschauen und in ihr Leben übernehmen. Ich glaube, das ist mein Beitrag. Ich sage den Menschen nicht, wie sie etwas aus ihrem Leben machen, ich habe kein Rezept dafür, wie man gewinnt. Aber ich glaube ganz fest daran, dass jeder von uns ein Gewinner sein kann. Man muss herausfinden, was man kann und an sich glauben.“

Träume verwirklichen, Ziele erreichen, jede Minute auf dem Weg dahin genießen – das ist die Botschaft der israelischen Königin der Rollstuhl-Tänzerinnen. Ihr Lebensmotto ist bemerkenswert: „Im Leben geht es nicht darum, zu warten bis der Sturm vorüber zieht. Es geht darum zu lernen, wie man im Regen tanzt!“

Foto: Vital und Sean im Tanzstudio. Foto: Gilad Yosian / Fokus Jerusalem

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