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Interne Machtkämpfe bei palästinensischen Wahlen

RAMALLAH, 04.04.2021 (DK) – Auf dem politischen Parkett in Ramallah herrscht mehr Bewegung als seit über einem Jahrzehnt. Als Präsident Mahmoud Abbas Ende vergangenen Jahres die ersten Wahlen seit 2006 ankündigte, hielten viele dies für eine Finte. Seit der damaligen Abstimmung hat die palästinensische Autonomiebehörde seine Bürger nicht mehr an die Wahlurne gerufen. Kritiker rechneten unlängst damit, dass es sich auch dieses Jahr wieder um eine leere Versprechung handelt. Entgegen den Erwartungen halten jedoch sowohl die Autonomiebehörde als auch die im Gazastreifen herrschende Terrororganisation Hamas direkten Kurs auf die Parlamentswahlen am 22. Mai. Obwohl das Votum von Abbas zunächst nur dazu gedacht war, den Status Quo zu bestätigen, fordern den 85-Jährigen nun mächtige Rivalen heraus. Die internen Machtkämpfe seiner Partei spielen dabei direkt der antretenden Hamas in die Hände.

Rivalen stellen sich Präsident Abbas in den Weg

Mahmoud Abbas hat dank seines autoritären Regierungsstils und der Unterdrückung politischer Gegner sein Amt nun bereits seit 15 Jahren inne. Demokratische Wahlen waren immer wieder abgesagt worden, wenn der Chef der Autonomiebehörde Gefahr lief, diese zu verlieren. Diesmal hat Abbas Vorkehrungen getroffen, unliebsame Kandidaten im Vornherein vom Rennen abzuhalten. Um seinen Hut in den Ring zu werfen, ist eine Beitragsgebühr von umgerechnet 8500 Euro zu entrichten und nochmal soviel als Kaution zu hinterlegen. Der langjährige Machthaber hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass sich ehemalige Verbündete nun gegen ihn stellen würden.

Nasser al-Kidwa, ein erfahrener Politiker, und Marwan Barghouti, ein verurteilter Terrorist, welcher sich immenser Beliebtheit in der Palästinensischen Öffentlichkeit erfreut, haben sich zu einer starken Allianz zusammengeschlossen. Sie wollen eine neue Fraktion mit ehemaligen Mitgliedern der Fatah-Partei gründen. Es wird sogar gemunkelt, dass Barghouti, welcher in Israel für seine terroristischen Aktivitäten zu fünfmal lebenslänglicher Gefängnishaft verurteilt wurde, versuchen wird, die Präsidentschaft an sich zu reisen. Sollte die Situation für Abbas zu brenzlig werden, könnte dieser die Wahlen auch diesmal wieder unter einem Vorwand absagen. Es wäre schließlich nicht das erste Mal.

Ramallah fürchtet eine Machtübernahme der Hamas

Die in Ramallah ansässige Autonomiebehörde befürchtet seit langem, dass die Hamas unter dem Deckmantel neuer Wahlen die Macht im sogenannten Westjordanland unrechtmäßig an sich reißen wird. Beim letzten Machtwechsel im Gazastreifen im Jahr 2006 war es zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Lagern gekommen. Sollte die Hamas eine Mehrheit im Parlament gewinnen, würde dies die internationalen Partner der Palästinenser auf die Probe stellen. Die Organisation wird von Israel, den Vereinigten Staaten und der EU als Terrorgruppe eingestuft.

Bild: Der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde hält eine Sitzung in Ramallah. Quelle: Flash90

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