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Hat Israel seinen Messias gefunden?

JERUSALEM, 27.04.2021 (NH) – Im Internet kursieren verschiedene Videos über einen jungen Rabbiner, der angeblich Israels Erlöser sein soll. Nach zahlreichen Anfragen seitens unserer Leser und Zuschauer haben wir uns entschlossen, das Thema näher zu beleuchten.

Ein 33-Jähriger erobert die Thora-Welt

Betrachtet man Rabbi Shlomo Yehudah Beeri, so sieht man einen schüchternen, jungen Mann, unauffällig im Aussehen, aber umso bemerkenswerter in der Wirkung, die er auf das Leben von Tausenden hat. Im Sturm eroberte der 33-Jährige die Thorawelt. Seine religiösen Unterrichtseinheiten erreichen alle Altersgruppen. Viele seiner Anhänger sind meist Jahrzehnte älter als er. Die größten Rabbiner Israels sind davon überzeugt, dass eine solche Seele nur alle Tausend Jahre in die Welt hinabsteigt, um sie zu erleuchten. Jung bis Alt lauschen respektvoll und gespannt seiner Interpretation der Schrift. Am Ende jeder Thorastunde spielt das junge Genie mitreißende, selbstkomponierte chassidische Lieder, um auch die letzte verschlafene Seele im Saal zu wecken. Seine Popularität in orthodoxen Kreisen schnellte in die Höhe, ohne jegliche mystische Handlung. Allein sein religiöses Wissen, seine Liebe dem Schöpfer gegenüber und seine einzigartige Gabe, jeden Menschen ungeachtet seiner Herkunft zu lieben, begeistert die Menschen.

Wer ist Rabbi Shlomo Yehudah Beeri, der die jüdischen Massen begeistert und die christliche Welt so tief erschüttert, dass er von ihr gar im Internet zum Antichristen erklärt wird?

Rabbi Shlomo Yehudah Beeri wurde 1988 als erstes und lang ersehntes Kind seiner Eltern in Israel geboren. Seine Kindheit war von Armut geprägt. Der Vater Beeris war durch eine Verletzung arbeitsunfähig. Er genoss es sehr, seinem kleinen Sohn beim Studieren der Schrift zuzusehen. Schon als Kind verspürte Beeri den tiefen Wunsch, die Thora zu verstehen. Seine Familie zog oft um, sodass er einen Teil seiner Kindheit in Spanien, der Schweiz und Deutschland verbrachte. Selbst im Ausland vernachlässigte er nie das geistliche Studium. Der Alltag des kleinen Beeri war geprägt durch Lesen und Beten. Kurz nach seiner Bar Mizwah zog die Familie zurück nach Israel. 

Erste Rede mit 14 Jahren

Seine erste Rede hielt er im Alter von 14 Jahren auf Wunsch seines Vaters bei einer Gedenkzeremonie für einen Verwandten. Er faszinierte mit seiner kindlichen Stimme, doch gewaltigem religiösem Wissen. Von diesem Zeitpunkt an gab Beeri bei verschiedenen Gelegenheiten Thorastunden. Die Lehre war so beeindruckend, dass man ihm den Namen „Yanuka“ gab. Der Name Yanuka wird frommen Thora-Genies mit einer ungeheuren Wissensbreite gegeben. Im Alter von 19 Jahren veröffentlichte Beeri sein erstes thorabasiertes Gebetsbuch. Es dauerte nicht lange, bis Yehuda Beeri landesweite Bekanntheit errang und sich die Säle mit Tausenden Zuhörern füllten. Seine Unterrichtseinheiten sind meist nicht vorbereitet, sondern beginnen mit einer einfachen Frage seiner Zuhörer. Seine Lehre, alle Menschen und die göttliche Schöpfung zu achten und zu lieben, verbindet viele Gläubige und ist konfessionsübergreifend. Im Alter von 20 Jahren heiratete Beeri und ließ sich in Rishon LeZion nieder, wo er heute mit seiner Ehefrau und seinen vier Kindern lebt. Trotz seines Bekanntheitsgrades scheut er die Medien und gibt keine Interviews. 

Verschwörungstheorien auf sozialen Plattformen

Auf Beeris Facebook-Seite wurde die Nachricht gepostet, dass man um Gebet für das Wohlergehen des geliebten Rabbis bittet. Das Gerücht, es handle sich bei Beeri um den Messias, erreichte auch den Rabbi selbst. Dass gläubige Christen den jüdischen Geistlichen als Antichrist verteufeln, bestürzte die orthodoxen Anhänger des Rabbiners, der sich selbst nie als Messias bezeichnet hat. 

Gerade in orthodoxen Kreisen errang Rabbi Beeri große Bekanntheit. Seine Anhänger zollen ihm aufgrund seines Wissens den höchsten Respekt. Ein Handkuss, wie er in verschiedenen YouTube Videos gezeigt wird, ist Zeichen dieser Anerkennung und Hochachtung, hat aber nichts mit einer Verehrung als Erlöser zu tun. Dies ist schlicht eine falsche Auslegung der Videos durch Nichtjuden. 

Thoraschulleiter: Er ist kein Messias

Ist Rabbi Shlomo Yehuda Beeri nach dem Messias-Anwärter Bar Kochba oder dem Kabbalisten und selbst ernannten Erlöser Shabbtai Zvi (1626–1676), der nächste, der bei frommen Juden als Messias gilt? Fokus Jerusalem fragte exklusiv bei einem Thoraschulleiter in Jerusalem nach. Amnon Ben C. leitet die Thoraschule „Ptichei Tshuva“ (zu deutsch: Öffnungen zur Antwort) im südlichen Teil Jerusalems. Auf die Frage, ob es sich bei Rabbi Yehuda Beeri um den Messias handelt, erklärt er uns: „Es gibt den Prophezeiungen der Thora und den Lehren des Rambam zufolge feste Kriterien, die der Gesalbte erfüllen muss. Ein Teil dieser Kriterien sind auch Himmelszeichen, die erscheinen werden.“ Ben C. lächelt und fügt hinzu: „Himmelszeichen habe ich bis jetzt noch keine gesehen. Wer sich ausgedacht hat, dass Rabbi Beeri der Messias sei, sollte sich ernsthaft untersuchen lassen!“

Bild: Rabbi Beeri bei einer seiner berühmten Thora-Lehrstunden. Foto: privat

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