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Israel brennt: Zwischen Raketenbeschuss und anarchischem Bürgerkrieg

JERUSALEM / TEL AVIV, 13.05.2021 (NH) – Erneuter starker Raketenbeschuss auf das Landesinnere: Zum ersten Mal seit Beginn der Offensive ertönte in der Nacht zum Donnerstag der Luftalarm im unteren Galiläa. Raketenangriffe gab es auch auf das Gebiet um Modiin. Ein Wohnhaus in Petach Tikwa wurde bei einem Einschlag schwer beschädigt, umstehende Autos gingen in Flammen auf. Einschläge wurden auch in Rishon leZion und Holon verzeichnet, es wurden keine Verletzten gemeldet. Die israelische Luftwaffe hat die Zentralbank und weitere Quartiere der Hamas unter Beschuss genommen. Lynchversuche, Autoattacken, Brandsätze und Steinwürfe: Israel erlebt noch nie da gewesene Gewaltausbrüche zwischen Juden und Arabern und spricht von anarchischen Zuständen.

Ashkelon und Sderot unter Dauerbeschuss

Der fünfjährige Ido Avigal wurde am späten Nachmittag getötet, als eine Rakete im benachbarten Wohnhaus in Sderot einschlug. Ein Raketensplitter durchbohrte die Hauswand und die Wand des Schutzbunkers und verletzte den kleinen Jungen und dessen Mutter lebensgefährlich. Er erlag wenige Stunden später im Krankenhaus seinen Verletzungen. Aliza Lev, eine Sozialarbeiterin im Barzilai-Krankenhaus erzählt: „Wir haben einige schwierige Situationen im Krankenhaus, aber die Großmutter zu bitten, ihren Enkel zu identifizieren, da die Mutter lebensgefährlich verletzt ist, hat mich psychisch zerbrechen lassen.“

Eine Rakete schlug in einem Wohnhaus in Sderot ein. Ein Raketensplitter durchbohrte die Hauswand des anliegenden Gebäudes und tötete den fünfjährigen Ido Avigal. Foto: Flash90

Israelische Luftwaffe antwortet

Die israelische Luftwaffe griff Dutzende Ziele im Gazastreifen an. Darunter waren ein Hamas-Trupp, der versuchte, eine explosive Drohne nach Israel zu schießen, Flugabwehrraketen sowie ein Raketenwerfer, der in Begriff war, zehn Raketen auf Ashdod und Ashkelon abzufeuern. Die Zentralbank der Terrororganisation wurde zerstört. Ein Marine-Kommando der Hamas wurde eliminiert. Hochrangige Kommandeure der Gaza-Brigade und weitere Hamas-Mitglieder sind bei den Angriffen getötet worden. Wichtige Forschungs- und Entwicklungseinrichtung der Terrorgruppe wurden zerstört. Bisher hat die israelische Armee 600 Ziele im Gazastreifen angegriffen.

Keine Waffenruhe in Sicht

Eine hochrangige israelische Sicherheitsquelle gab bekannt, Israel habe noch nicht alle angestrebten Ziele in Gaza eliminiert. Es sei noch nicht alles ausgeschöpft worden, was sich im Werkzeugkasten der Armee befinde. Eine Waffenruhe, die angeblich seitens der Hamas gefordert wurde, sei nicht auf dem Tisch. Verteidigungsminister Benny Gantz wies das Angebot Ägyptens, zwischen den Seiten zu vermitteln, zurück.

Polizei verliert die Kontrolle

Es ist der dritte Tag infolge, an dem die Straßen in der jüdisch-arabischen Stadt Lod brennen. Radikale arabische Jugendliche und jüdische liefern sich blutige Straßenschlachten. Auch die Sonderkommandos der Grenzpolizei und die auferlegte nächtliche Ausgangssperre bringen die erhoffte Ruhe nicht zurück. Dutzende wurden bei den Ausschreitungen verletzt, darunter eine hochschwangere Frau. Sie wurde mit einer schweren Kopfverletzung in Krankenhaus gebracht. Dort entschieden die Ärzte, ihr Baby mit einem Kaiserschnitt zu holen. Die junge Mutter befindet sich in kritischem Zustand. Auch in anderen gemischten Städten, die als nationales Symbol für friedliches Zusammenleben zwischen Juden und Arabern galten, kam es zu schweren Auseinandersetzungen. In den Mittelmeerstädten Akko und Haifa wurden jüdische Passanten gesteinigt und bei einer Autoattacke lebensgefährlich verletzt. In Um al-Fahm wurde ein israelischer Grenzpolizist von arabischen Demonstranten angeschossen. Auch in Tiberias eskalieren die Spannungen und jüdische Demonstranten greifen ihre arabische Mitbürger an.

Verletzte bei blutigen Aussschreitungen zwischen Arabern und Juden in Akko.
Foto: Roni Ofer/Flash90

Drei schockierende Lynchmorde

In Bat Yam versuchte ein aufgebrachter Mob jüdischer Männer, einen arabischen Taxifahrer zu töten. Sein Auto wurde mit Steinen beworfen und der Fluchtweg versperrt. Die Randalierer zogen den Taxifahrer aus dem Auto und schlugen brutal auf ihn ein. Er wurde schwer verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert.

Der zweite Lynchversuch wurde aus Akko gemeldet. Arabische Steinewerfer attackierten einen jüdischen Autofahrer, der versuchte zu Fuß zu flüchten, doch stellte der arabische Mob ihm nach. Er erlitt lebensgefährliche Kopfverletzungen und befindet sich im Koma. Zeitgleich wurde im arabischen Tamra ein jüdisches Fahrzeug gestoppt, mit Felsbrocken beworfen und der Fahrer mit Stichwaffen attackiert. Der Versuch, ihn anzuzünden, missglückte. Arabische Sanitäter konnten den verletzten Fahrer in letzter Minute  retten. Er wurde mit Stichwunden am Hals und schweren Prellungen am ganzen Körper zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht.

Staatspräsident: Stoppt den Wahnsinn!

Der Lynchversuch an dem arabischen Taxifahrer wird israelweit verurteilt. Jüdische Politiker und Knessetabgeordnete aus allen Parteien verurteilen den versuchten Mord auf das Schärfste. Präsident Reuven Rivlin rief in einer nächtlichen Fernsehkonferenz die Führung beider Seiten dazu auf, die Vorkommnisse zu verurteilen und die Gemüter zu beruhigen. Jahrelange harte Arbeit, friedlich miteinander zu leben, würden mit den jetzigen gewalttätigen Vorkommnissen zerstört: „Zwischen den Bürgern Israels ist ein Krieg ausgebrochen. Ich rufe alle Jung und Alt dazu auf, den Wahnsinn zu stoppen!“.

Titelbild oben: Ein zerstörtes Wohnhaus nach Raketeneinschlägen in der südisraelischen Stadt Ashkelon. Foto: Edi Israel/Flash90

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