
Raketensalven und Terrorattacken am Tag des Zorns und das Äffchen „Noel“
JERUSALEM / GAZA, 18.05.2021 (NH) – Israel steht weiterhin unter massivem Raketenbeschuss. Nach einer sechsstündigen Ruhepause nahm die Hamas den Beschuss israelischer Zivilisten um kurz vor 12 Uhr Ortszeit wieder auf. Fast hätte man vermutet, dass die Terrororganisation auf das israelische Operationsmotto „Ruhe wird mit Ruhe beantwortet“ eingeht. Doch der massive Beschuss im Sekundentakt auf die südlichen Städte des Landes zeigt, dass die Hamas die ägyptischen Versuche, zwischen den Fronten zu vermitteln, ablehnt. In der Nacht zuvor wurde das ägyptische Ultimatum an die Hamas veröffentlich, das die Terrororganisation zum sofortigen Ende des Raketenbeschusses aufruft. Würde die Hamas diesem Aufruf nachkommen, setze sich Ägypten für Verhandlungen zwischen beiden Fronten ein. Unterdessen berichtet das arabische Fernsehen „al-Arabiya“, dass zum späten Abend eine Delegation des ägyptischen Geheimdienstes in Israel erwartet wird.
Raketen im Sekundentakt fordern zwei Tote
Bei schweren Raketensalven auf Beersheva, Ashdod, Ashkelon und die Grenzgemeinden um den Gazastreifen wurden bei einem Direkteinschlag im Landkreis Eshkol zwei thailändische Arbeiter getötet, acht weitere Menschen wurden schwer verletzt. Zwei von ihnen befinden sich in Lebensgefahr. Bei Raketeneinschlägen in Wohnhäusern in Ashdod und Ashkelon wurde keine Verletzten gemeldet.
Zeitgleich wurde ein Soldat am Erez-Grenzübergang zum Gazastreifen von einem Raketensplitter schwer verletzt. Kurz zuvor hatte die israelische Armee erlaubt, die Grenzübergänge nach Gaza zu öffnen, um die humanitäre Versorgung der palästinensischen Bewohner zu gewährleisten. Die Hamas nahm daraufhin die Grenzposten unter Beschuss. Es wurde angeordnet, die Übergänge bis auf Weiteres zu schließen.
Bei einem Raketeneinschlag in ein fahrendes Auto an der „Goral“-Kreuzung (zu deutsch: „Höhere Gewalt“), Nähe Beersheva, wurde der Fahrer nur leicht verletzt.

Panzergranaten und Mörser
Unterdessen wurden die Bewohner der Grenzgemeinden, die sich in einem Abstand von vier Kilometern von Gaza befinden, dazu aufgerufen, ihre Häuser und Schutzräume nicht zu verlassen.
Die israelische Armee geht davon aus, dass die Hamas mit aller Kraft versuchen wird, weitere zivile Opfer auf israelischer Seite zu erreichen, bevor es zu Verhandlungen über eine Waffenruhe kommt. Der Einsatz von Panzergranaten, die in der Nähe des Grenzzauns abgeschossen werden und nicht von der Raketenabwehr erfasst werden können, sollen für weitere zivile Tote auf israelischer Seite sorgen.
Biden: „Israels Kredit ist abgelaufen“
Unterdessen reagiert der amerikanische Präsident Joe Biden mit Ungeduld auf die fortlaufenden Kämpfe. Die anfängliche Unterstützung der amerikanischen Großmacht wankt durch die steigende Zahl toter Zivilisten im Gazastreifen, und Israel wird zum sofortigen Stopp der Bombardierungen aufgefordert. Je länger die Operation andauert, desto schwieriger ist es für die gegenwärtige amerikanische Regierung, für Israel weiter entschieden Position zu beziehen. Am Montagabend verhinderten die Vereinigten Staaten in letzter Minute eine Resolution des UN-Sicherheitsrates, in der Israel für die Kämpfe in Gaza verurteilt werden sollte und in der die Hamas-Raketen nicht erwähnt wurden.
Zum jetzigen Zeitpunkt erhält die israelische Regierung noch genug Spielraum, um selbst einen Waffenstillstand zu erreichen, aber der Druck seitens des amerikanischen Präsidenten steigt. Derweil erklärte der israelische Verteidigungsminister Benny Gantz dem US-Verteidigungsminister Lloyd Austin, dass die Hamas „weiterhin Raketen auf Zivilisten feuert und zu weiteren terroristischen Handlungen aufruft.“ Er fügte hinzu, dass die Militäroperation „mit dem Ziel, langfristige Ruhe zu bringen“, fortgesetzt werde.
Fatah ruft zum „Tag des Zorns“ auf
Die israelische Armee gab bekannt, dass ein versuchter Anschlag in Hebron vereitelt werden konnte. Hintergrund der Terrorattacke sei der Aufruf der palästinensischen Fatah, den Zionisten mit einem blutigen „Tag des Zorns“ zuzusetzen. Ein mit Sprengsätzen, Schusswaffen und Messer bewaffneter Terrorist näherte sich israelischen Soldaten in der Nähe des „Gross“-Platzes in Hebron und versuchte, eine Rohrbombe neben den Sicherheitskräften zu zünden. Die Soldaten schalteten den Täter aus. Am Tatort konnte wenig später ein weiterer Sprengsatz gefunden werden, der offenbar gezündet werden sollte, sobald Rettungskräfte eintreffen. Ein militärischer Sprengstoffentschärfer wurde zum Tatort gerufen, um die beiden Bombenunschädlich zu machen.
Am frühen Abend berichtet die israelische Armee von einem Anschlag auf zwei Soldaten in der Nähe von Ramallah. Palästinenser eröffneten bei örtlichen Krawallen das Feuer auf dort stationierten Soldaten und verletzten zwei Sicherheitskräfte schwer. Ein Palästinenser starb bei den Ausschreitungen.
Schwere Übergriffe im Schatten des „Tages des Zorns“ wurden auch aus Jerusalem gemeldet. Dutzende junge Araber warfen am Damaskustor Steine und Glasflaschen auf israelische Sicherheitskräfte. Im umstrittenen Stadtgebiet Sheikh Jarach in Ostjerusalem gingen Hunderte Menschen auf die Straßen. Die Demonstrationen eskalierten vielerorts zu gewalttätigen Krawallen mit der israelischen Polizei.

Israel schätzt auch das kleinste Leben
Der Beschuss aus dem Gazastreifen auf das dicht besiedelte Zentrum Israels hat nicht nur zivile Opfer gefordert. Der massive Raketenbeschuss auf Tel Aviv traf auch das benachbarte Ramat Gan. Der landesweit bekannte zoologische Garten, der „Safaripark“, befindet sich in dem Tel Aviver Vorort. Zwar wurde bei dem Beschuss der Zoo nicht direkt getroffen, doch verletzten herabfallende Raketenstücke einen der schwarzen Schopfaffen des Zoos schwer. In einer komplizierten OP konnten die Tierärzte das Raketenstück aus der Wirbelsäule der Affendame namens Noel entfernen. Das Äffchen bekommt Antibiotikum und Schmerzmittel und wird von den Tierwärtern mit ihren Lieblingssnacks verwöhnt.
Auch die Bilder eines Feuerwehrmannes, welcher über einige Minuten versucht, eine verletzte Taube aus den Trümmern eines Wohnhauses in Ramat Gan zu retten, verdeutlichen einmal mehr, wie sehr die Israelis das Leben eines jeden noch so kleinen Lebewesens schätzen.
Titelbild: Sicherheitskräfte in Eshkol. Bei dem Raketeneinschlag wurden zwei thailändische Arbeiter getötet und acht weitere Personen schwer verletzt. Foto: Flash90