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Raketensalven im Schatten der Waffenruhe und missglückte Attentate auf Muhammad Deif

JERUSALEM / GAZA, 19.05.2021 (NH) – Der zehnte Tag der Militäroperation „Hüter der Mauern“: Trotz Berichten über eine bevorstehende Waffenruhe hat die Hamas auch in der Nacht zum Mittwoch weiter Raketen auf Israel abgeschossen. Gegen Mitternacht wurden Raketensalven auf Ashdod und Ashkelon gefeuert, ein paar Stunden später war auch Rehovot unter Beschuss. In den frühen Morgenstunden nahm die Terrororganisation den Beschuss der Grenzgemeinden um den Gazastreifen wieder auf. Bei allen Vorfällen wurden keine direkten Raketeneinschläge oder Verletzte gemeldet. Die Zahl der israelischen Todesopfer seit Beginn des palästinensischen Raketenterrors liegt bei 12.

Israel zerstört strategische Terrorziele

In der Nacht zum Mittwoch feuerte die Hamas auch Raketen auf israelische Luftwaffenstützpunkte. Berichten der israelischen Armee zufolge sei jedoch kein Schaden entstanden und niemand wurde verletzt.

Mehr als 270 Raketen wurden seit gestern aus dem Gazastreifen auf israelisches Gebiet geschossen, wie der Armee-Sprecher mitteilte. Das israelische Raketenabwehrsystem Iron Dome fing etwa 90 Prozent der Hamasprojektile ab. Die israelische Luftwaffe setzte ihre Angriffe im Gazastreifen fort und zerstörte mehr als 1.000 Häuser, von denen einige hochrangigen Hamas- und islamischen Dschihad-Vertretern gehören, sowie mehr als 70 Ministerien und Einrichtungen der beiden Terrororganisationen.

Waffenruhe ab Donnerstag 6 Uhr?

Palästinensische Quellen berichten, die Hamas habe dem Vorschlag der ägyptischen Delegation für einen Waffenstillstand ab Donnerstagmorgen zugestimmt. Dem zufolge wird die Waffenruhe um 6 Ortszeit in Kraft treten. Angefügt wurde jedoch, dass Israel dem ägyptischen Vorschlag noch nicht zugestimmt habe. Israelische politische Quellen kommentieren den Antrag auf eine Waffenruhe mit den Worten: „Im Gegensatz zu den Berichten gibt es keine Verpflichtungen Israels zu einer Feuerpause.“ Ausländischen Medien zufolge hat Premierminister Benjamin Netanjahu Washington jedoch mitgeteilt, dass er zu einem Waffenstillstand in den kommenden Tagen bereit sei. Die New York Times berichtete, der  amerikanische Präsident Joe Biden habe Netanjahu gewarnt, dass er den internationalen Druck nicht mehr länger aufschieben könne.

Nach einer Sitzung Netanjahus mit Armeegeneralstabschef Aviv Kochavi erklärte der Regierungschef: „Ich habe die Zusammenfassungen unserer Angriffe auf die Hamas und den Islamischen Dschihad vorliegen und sie haben einen militärischen Schlag bekommen, mit dem sie nicht gerechnet hatten. Ich habe keine Zweifel daran, dass wir ihre Entwicklung um Jahre zurückgeworfen haben.“ Netanjahu fügte hinzu: „Wir werden so lange weitermachen, bis alle israelische Bürger wieder Ruhe haben.“

Ein Hamas-Terrortunnel nähe der Grenze zum Gazastreifen. Das Lebenswerk Muhammad Deifs. Foto: Dario Sanchez/Flash90

Muhammad Deif in der Schusslinie

Die israelische Armee versuchte in den vergangenen Tagen zweimal, den Führer des militärisch-terroristischen Flügels der Hamas, Muhammad Deif, zu eliminieren. Im Rahmen der Militäroffensive „Hüter der Mauern“ tötete die israelische Luftwaffe hochrangige Persönlichkeiten der Terrororganisationen im Gazastreifen. Aber alle Bemühungen, den meist gesuchten Feind des jüdischen Staates zu eliminieren, schlugen fehl. Seit Jahrzehnten versucht die israelische Armee in Zusammenarbeit mit dem inländischen Geheimdienst den Terrorkopf, der für Hunderte tote Zivilisten auf israelischer Seite verantwortlich gemacht wird, zu eliminieren. Deif war an Dutzenden Selbstmordattentaten, Anschlägen und der Entführung und Tötung israelischer Soldaten beteiligt.

Anfang des Monats, vor Beginn der Militäroperation in Gaza, warnte Muhammad Deif Israel vor Vergeltungsmaßnahmen, falls der Plan zur Ausweisung palästinensischer Familien im Jerusalemer Stadtteil Sheikh Jarrah umgesetzt werde. In seiner ersten Erklärung seit acht Jahren drohte er, Israel werde „einen hohen Preis zahlen, wenn die zionistische Aggression in der Nachbarschaft nicht gestoppt wird“. Israel ist überzeugt, dass Deif für den Raketenbeschuss auf die Hauptstadt am feierlichen Jerusalemtag verantwortlich war.

2014 hatte Deif ein weiteres Attentat seitens Israels überlebte. Seine Frau und zwei seiner Kinder wurden bei dem Luftangriff getötet. Er überlebte bis heute fünf Attentate, aber verlor bei dem letzten Angriff beide Arme und Beine. Das israelische Militär nennt ihn das „Phantom von Gaza“.

Die Terrortunnel der Hamas, die von israelischen Armeesprechern als unterirdische „Metro“ bezeichnet werden, sind das Lebenswerk Deifs. Im vergangenen Jahrzehnt investierte die Terrororganisation die meisten ihrer Gelder in den Bau unterirdischer Tunnel, die sich über den ganzen Gazastreifen erstrecken. Die Tunnel sind miteinander verbunden und dienen den Terroristen als Unterschlupf nach Raketenabschüssen auf Israel, als Kommando-  und Kontrollposten, Waffendepots und Sicherheitsquartiere. Seit Beginn der Militäroffensive wurden 100 Kilometer des Tunnelsystems zerstört. Ein großer Teil der vorliegenden Tunnelkarte sei vernichtet, hieß es seitens der israelischen Armee.

Bild: Raketen, die von Hamas-Kämpfern in Gaza auf Israel abgefeuert wurden, über der zentralisraelischen Stadt Kiryat Gat. Foto: Nati Shohat/Flash90

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