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Nach Abriss einer Metzgerei im Stadtteil Silwan: Zusammenstöße in Ostjerusalem

JERUSALEM, 01.07.2021 (NH) Anwohner des arabischen Viertels Silwan in Ostjerusalem haben sich erneut gewalttätige Auseinandersetzungen mit der israelischen Polizei geliefert. Anlass ist der Abriss eines kleinen Geschäfts, der im Rahmen eines sehr umstrittenen Projekts des Jerusalemer Stadtrates durchgeführt wurde. Die Polizei musste vor Ort mit Tränengas und Blendgranaten die radikalen Demonstranten zurückdrängen. Drei Protestierende wurden festgenommen, 13 weitere wurden verletzt.

Wut und Empörung über Abriss eines illegalen Ladens

Der Abriss der kleinen Metzgerei, die einer palästinensischen Familie gehörte, sorgte erneut für Unmut unter den Anwohnern in der Nachbarschaft. Der zerstörte Laden ist eines von insgesamt 17 Gebäuden, die im Zuge des städtischen Projekts “Königs Garten” vor dem Abriss stehen. Der Abriss weiterer 80 Wohnhäuser wird derzeit noch gerichtlich überprüft. Den Angaben eines ehemaligen Beamten im Jerusalemer Stadtrat zufolge wurde den palästinensischen Bewohnern zahlreiche Entschädigungsangebote vorgelegt, die jedoch vehement abgelehnt worden seien.

Naturschutzgebiet wurde illegal bebaut

Das Projekt „Königs Garten“ wurde 2010 vom Stadtrat im arabischen Stadtteil al-Bustan in Silwan begonnen. Die wunderschöne Nachbarschaft erhielt ihren Namen aufgrund der üppigen und vielfältigen Natur. Jahrhunderte lang galt das Gebiet als Naturschutzgebiet, das gesetzlich nicht bebaut werden durfte. Dieses Gesetz galt auch während des britischen Mandats und der jordanischen Herrschaft in Jerusalem. In den vergangenen Jahrzehnten wurden auf dem geschützten Gebiet jedoch illegale Geschäfte und Wohnhäuser errichtet. Die Bewohner in Silwan erklären, dass es fast unmöglich sei, eine Baugenehmigung von den Ämtern in Jerusalem zu erhalten. Daher fühlen sich die ansässigen Familien dazu gezwungen, ihre Häuser und Geschäfte illegal zu erbauen. Bis dato haben sich etwa 1.000 Einwohner in al-Bustan niedergelassen.

Wohnhäuser sollen Naturpark Platz machen

Jerusalem hat in der Nachbarschaft die Wiederherstellung des Nationalparks und unter anderem den Bau einer Promenade begonnen, die sich vom Zionsberg bis zum Dungtor, einem der Hauptzugänge zur Klagemauer, erstrecken wird. Im Rahmen der Bauplanungen wurden Abrissaufträge für rund 100 Häuser erteilt, von denen 17 bereits gerichtlich bestätigt wurden.

Das umstrittene Projekt löste eine politische Kontroverse aus und wurde auch von den USA verurteilt. In den sozialen Medien haben die palästinensischen Bewohner Ostjerusalems dazu aufgerufen, den Anwohnern zur Seite zu stehen und sich, falls nötig, gewaltsam gegen den Abriss aufzulehnen. Der Stadtrat veröffentlichte nach der Zerstörung der Metzgerei eine offizielle Erklärung, laut derer es sich bei dem abgerissenen Gebäude um ein Fleischgeschäft ohne Gewerbelizenz handelte: “Das Geschäft stellt daher eine Gesundheitsgefährdung für die Öffentlichkeit dar. Der Abrissbefehl wurde gerichtlich erlassen und vom Amtsgericht genehmigt.”

Krawalle finden auch in Nachbarschaft Sheikh Jarrah statt

Die geplante Räumung von Häusern in Ostjerusalem im arabischen Viertel Sheikh Jarrah hat in den letzten Monaten für weltweite Empörung gesorgt . Die Kontroverse trug auch zur Auslösung der jüngsten Militäroffensive mit der Hamas im Gazastreifen bei. Das Gericht wies vor wenigen Wochen ortsansässige palästinensische Familien an, ihre Häuser zu verlassen, da es sich bei den Grundstücken um jüdisches Eigentum von vor 1948 handelt.

Titelbild: Demonstranten stoßen mit israelischen Polizeikräften zusammen, nachdem eine Metzgerei von israelischen Behörden im Viertel Silwan in Ostjerusalem abgerissen wurde. Foto: Jamal Awad/Flash90

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